Ansichten zu Perry Rhodan Heft 3324

Wenn das Gewissen schreit – Marie Erikson

Die Geschehnisse, die sich im Ylanten-Konstrukt und zuvor auf Luna abspielten, werden von Bonnifer und Cameron geheim gehalten. Beide erzählen Icho Tolot eine andere Version der Ereignisse. Beide wissen nicht, dass es mit Leni Hazard eine Zeugin gibt, die nun weiß, dass die ÜBSEF-Konstante von NATHAN nicht von der Schattenhand abgeerntet wurde. Stattdessen hat die fehlgeschlagene Übertragung in das Zellplasma wahrscheinlich tausende Bewusstseine getötet. Und der Tod von Aurelia Bina wurde von Cameron verursacht. Cameron Rioz wird von Jasper Cole in den Residenzpark eingeladen. Zwei Agenten schützen ihn. Das ist auch notwendig. Die Bevölkerung sieht in dem Trividder die Ursache allen Übels. Jasper Cole wirkt bei der Begegnung unkonzentriert. Plötzlich tauchen der TLD-Agent Dale Fortune und die USO-Agentin Leni Hazard auf. Gleichzeitig erscheinen sechs Männer in silbern-orangefarbenen Anzügen. Es kommt zu einer Auseinandersetzung und Cameron wird entführt.

Als er wieder zu sich kommt, scheint einige Zeit vergangen zu sein. Seine Entführer setzen ihn Stress aus. Er muss seine Schattenhand einsetzen, um aus dem Gefängnis zu entkommen. Nur um erneut in einem Gefängnis zu landen. Er erkennt, dass er Versuchskaninchen in einem Labor ist.

Seine Entführer beobachten derweil seine Reaktionen. Der Versuchsaufbau stammt von einem Team, das Norm Kennel steuert. Der Mann arbeitet für Flint Cole. Seinem Auftraggeber gegenüber ist er loyal. Dennoch tut ihm Cameron leid und er hilft dem jungen Mann etwas. Cole wiederum arbeitet für die Rüstungsfirma Wylon Hypertech. Er scheint aber eine eigene Nebenher-Firma zu betreiben, der das Schiff mit dem Versuchsaufbau gehört. Flint Cole, der Vater von Jasper, behauptet gegenüber Cameron, dass er ihn vor den TLD-Agenten gerettet hat, die ihn verhaften wollten, weil er terranische Bewusstseine ermordet haben soll. Er würde ihm Anwälte zur Seite stellen. Im Gegenzug soll Cameron weitere Untersuchungen zulassen. Cameron erfährt, dass Jasper seinem Vater geholfen hat, ihn zu entführen.

Auf Terra ist Monkey vom Versagen der Agenten wenig begeistert. Zeitgleich war Bonnifer problemlos festgenommen worden. Also hatten es die Entführer nur auf Cameron Rioz abgesehen. Mit Zustimmung von Icho Tolot verhören Dale Fortune und Leni Hazard den Wyconder. Bonnifer will kooperieren. Als Conduit hat er eine Verbindung zu Cameron. Eine technisch unterstützte Triangulation zeigt, dass sich Cameron auf einen Raumschiff in den Ringen des Saturn befindet.

Die beiden Agenten gehen mit Bonnifer in einen Einsatz. Ein Vorwand bringt sie an Bord des fremden Schiffes. Sie werden bemerkt und Alarm wird ausgelöst. Die Selbstzerstörung des Schiffes wird eingeleitet. Wieder geht der Zugriff auf Cameron schief. Norm Kennel paralysiert die beiden Agenten sowie Bonnifer und verhilft Cameron und Jasper zur Flucht durch einen Transmitter. Dabei erfährt der Trividder, dass er im Brennenden Nichts eine Zelldusche erhalten hat. Untersuchungen von Gewebeproben hätten dies ergeben. Cameron bekennt sich gegenüber Jasper dazu, Aurelia Bina getötet zu haben.

Auf Terra müssen Hazard und Fortune erneut ihr Versagen an Monkey melden. Sie bekommen eine weitere Chance. Ein Unbekannter hat eine Nachricht gesendet. Wer wissen will, was mit Cameron Rioz geschehen ist, soll ins Ironimasystem fliegen.

Rezension

Einmal mehr steht die Figur Cameron Rioz im Mittelpunkt einer Geschichte. Die Geschehnisse der Handlungsebene Terra sind weitgehend um diese Figur aufgebaut worden. Der Romantitel liefert auch das große Motiv dieser Geschichte. Es geht um das Gewissen, bzw. um Gewissensbisse, die den jungen Mann quälen. Cameron Rioz musste schon einiges ertragen, seit er seine Freundin und seine Eltern verlor. Dazu kommt, dass er als einziger die Berührung mit dem Brennenden Nichts überlebt hat. Er war zunächst ein Conduit. Später bekam er die Schattenhand, mit der er weiteres Unheil anrichten kann. Er ist eine tragische Figur und es scheint die Absicht der Autoren zu sein, dieser stigmatisierten Figur weiteres Unheil auf die schmalen Schultern zu laden. Nach den Ereignissen auf Luna und im Ylanten-Konstrukt ist eine Aufarbeitung von Versagen und Schuldgefühlen bei der Figur nur in minimalen Ansätzen zu erkennen. Stattdessen wird die Figur weiter belastet.

Ich hatte allerdings schon erwartet, dass er in dieser Geschichte ein wenig mehr die Ereignisse auf und über Luna reflektiert. Schließlich hatte er geglaubt, mit Lyta, seiner Freundin, in Kontakt gekommen zu sein. Er hätte geschworen, so hat Lytas Bewusstsein behauptet, dass er sie töten wird. Cameron hatte für sich beschlossen, dass sie es tatsächlich gewesen war. Nun schien es ja so, dass genau das geschehen ist. Doch von der Aufarbeitung dieser Geschehnisse lesen wir in dieser Geschichte nichts. Dabei war Lytas Schicksal doch ein entscheidender Faktor für Camerons seelischen Zustand in den vergangenen Romanen!

Auch Bonnifer wird von Marie Erikson in einer Innensicht geschildert. Auch hier fehlt es mir an einer Aufarbeitung von Bonnifers Verhalten. Der schien zuletzt eine eigene Agenda zu verfolgen. Doch Bonnifer kommt in diesem Roman zu kurz. Er war es, der Cameron eingetrichtert hat, die Opfer Shrells, deren Bewusstseine im Brennenden Nichts zerrüttet werden, in das Zellplasma zu übertragen. Er nimmt zwar die Schuld auf sich, als er Cameron gegenübersteht. Aber eine Aufarbeitung seines Verhaltens ist das nicht.

Mit Icho Tolot ist einer der Big Five im Brennpunkt der Geschehnisse. Allerdings ist der Unsterbliche weitestgehend als handelnde Hauptfigur abgemeldet. Dem Haluter kommt seit geraumer Zeit nur der Part zu, von anderen informiert zu werden. Meist bekommt er die Informationen als letzter oder er bekommt nicht alle notwendigen Informationen und zieht daraus die falschen Schlüsse. Dieser Figureneinsatz ist zumindest gewöhnungsbedürftig. Eigentlich passt es nicht zu dieser Figur.

Bleibt noch Jasper. Der lockt seinen Freund in eine Falle. Die Autorin lässt ihn gar nicht erst diese Gedanken reflektieren. Stattdessen pflanzt sie Jasper geschönte Erinnerungen ein. Cameron wurde nicht gequält. Er hatte doch nur Durst und Hunger. Warum macht sich Jasper keine Gedanken darüber, wo sein Freund bleibt, den sein Vater mit seiner Hilfe entführt, ähh gerettet hat? Ähnlich wie zuletzt das gemeinsame Videospielen, ist diesmal das gemeinsame Essen angesagt, um unliebsamen Diskussionen aus dem Weg zu gehen. Dabei sind die Zeichen überdeutlich. Als Leser möchte ich ein ums andere Mal Jasper und Cameron an den Schulter packen und schütteln. Oder beiden eine Ohrfeige geben.

Cameron kämpft damit, seinem Freund die Wahrheit zu sagen. Das Problem bei dieser Konstellation ist, dass Jasper leider nicht der gute Freund ist. Die Figur ist ein Follower des Trividders. Sie als Freund einzusetzen, ist eine Entscheidung, die bei der Figurenentwicklung etwas spät in Angriff genommen wurde. Wäre es ein Freund aus Kindheitstagen, hätte man das Verhältnis besser beschreiben können. So wirkt Camerons Verhältnis zu Jasper eher wie eine Zwangsfreundschaft.

Noch ein Gedanke. Was ich überhaupt nicht verstanden habe ist, dass Cameron ständig mit der Schattenhand Löcher in Wände stanzt, damit sie vorankommen. Hat dieses Raumschiff keine Türen und Gänge, die sie hätten verwenden können?

Marie Eriksons Erstling in der EA der Serie charakterisiert die bekannten Figuren noch etwas tiefer. Ein etwas subtileres Vorgehen bei der Entführung und zur Rolle Jaspers und Flints hätte mir mehr zugesagt. Einige Dialoge folgen eher der Holzhammermethode. Die Autorin kämpft auch mit einer recht lahm konzipierten Vorlage zum Handlungsfortschritt des Zyklus. Die Folgen von bekannten Ereignissen werden weiter behandelt. An der Gefühlswelt Camerons hat sich seit Band 3300 wenig getan. Wie auch? Es scheint beabsichtigt zu sein, die Figur noch eine Zeitlang in diesem Zustand zu belassen. Er wird weiter in Ereignisse getrieben, in denen er versagt und wird weiter mit seinen Schuldgefühlen leben müssen. Und wir Leser müssen auch mit dieser Figur leben.

Insgesamt gefällt mir eine Konzentration auf eine Figur mit einem zentralen Motiv recht gut. Aufgrund des Alters der Figur und der Länge eines Zyklus habe ich jedoch Bedenken, wie breit sich die Schuldgefühle der Figur noch vermarkten lassen, bis ich als Leser aufgebe.


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