Ansichten zu Perry Rhodan Heft 2811

Bote der Atopen – von Wim Vandemaan – Handlung:

An Bord des Walzenraumers GAUPELLAR GUZDRIN unter dem Kommando des Überschweren Fenckenzer folgt Julian Tifflor einer Einladung des Richters Matan Addaru Jabarim ins Arkonsystem.

Dort befindet sich Attilar Leccore seit Monaten auf Luna und in der Gefangenschaft der Onryonen. In der ganzen Zeit hält der Chef des TLD seine Tarnung aufrecht, nämlich die des Boyton Holtorrec, dem Kommandanten der CLOSSOY. Der Onryone Bonthonner Khelay und seine Verhörspezialisten sind nicht hinter das Geheimnis ihres Gefangenen gekommen. Mit einem Trick wollen sie nun endlich Ergebnisse erzielen. Sie vermuten, dass ihr Gefangener sie geschickt manipuliert. Sie sollen glauben, dass er kein Onryone sein kann. Wenn die Onryonen glauben würden, dass ihr Gefangener ein Jaj sein könnte, würde das Atopische Tribunal in einen Konflikt gestürzt werden. Misstrauen würde sich ausbreiten. Bonthonner Khelay und sein Spezialisten wollen daher dem Gefangenen zur Flucht verhelfen, damit er sie zu seinen Mittätern führen kann. Sie wollen endlich Gewissheit erlangen.

Auf Arkon I trifft sich Julian Tifflor mit Matan Addaru Jabarim. Der Richter bestätigt, was Tifflor vermutet. Chuv ist tot. Matan ist auch wegen der Tiuphoren besorgt, da ihr Erscheinen in dieser Epoche nicht dokumentiert sei. Der Richter bezeichnet die Atopie auch als eine Art Gedächtnis. In ihrer Art hat sie keine Zukunft und ist sie auch Vergangenheit. Julian soll sie kennenlernen. Er soll als Bote des Richters in die Jenzeitigen Lande reisen. Die Aktionen des Tribunals sind ins Stocken geraten. Tifflor soll in Erfahrung bringen, wann und welcher Richter in die Milchstraße geschickt wird. Nach der Atopischen Ordo müssen pro Sterneninsel immer zwei Atopen im Einsatz sein.

Tifflor hat den Eindruck, dass Matan befürchtet, dass die Milchstraße vergessen werden könnte. Der Richter hat im Übrigen auch keine Zeitreise unternommen, sondern sich im Hier und Jetzt atopisch vergegenwärtigt, weil das Hier und Jetzt der Stabilisierung bedarf. Es gäbe eine Chronogene Labilität und das Erscheinen der Tiuphoren könnte die Chronokohärenz gefährden. Tifflor erbittet sich Bedenkzeit und nimmt zunächst an einer Beisetzung teil.

Die Onryonen versuchen ihren Plan umzusetzen und suchen Leccore/ Holtorrec in dessen Zelle auf. Doch Leccore kann mit Hilfe seiner Fähigkeiten die Onryonen überrumpeln und entkommen.

Inzwischen sucht Julian Tifflor Tormanac da Hozarius auf. Der Zarlt und Vizeimperator liegt im Sterben. Über eine Messinghaube nimmt Tifflor Kontakt zu Tormanac auf und erfährt Erstaunliches. Tormanac wird der erste Arkonide sein, der sein Bewusstsein vollständig in die Messingwelt transferieren wird. Dort gründet Tormanac das Ewige Imperium der Arkoniden. Tormanac kann nicht mehr in seinen sterbenden Körper zurückkehren. Aber er hat über die EPRIK-Raumer Kontrolle. Die Robotraumer sind an die Messingwelt angeschlossen. Bevor Tifflor die Messingwelt verlässt, will Tormanac noch wissen, wer der dritte Kardinal-Fraktor ist. Tifflor kennt ihn nicht, er weiß aber, dass er bald geboren wird. Zurück in der Realität stirbt der Körper des Zarlt und wird eingeäschert.

Julian Tifflor trifft sich ein weiteres Mal mit dem Richter. Diesmal auf Luna. Matan Addaru Jabarim beeindruckt seinen Besucher mit einen gemeinsamen Blick auf eine alternative Zeitlinie. Was wäre aus New York, Tifflors Heimatstadt, geworden, wäre der Meldegänger Adolf Hitler im Ersten Weltkrieg gefallen. Matan führt weiter aus, dass er weder auf der Seite der Chaotarchen, noch auf der Seite der Kosmokraten stehen würde. Er könne die Kosmokraten allerdings besser verstehen, da sie der Schöpfung ein Gesicht geben würden. Im Übrigen hätte er ein anders Bild von den Hohen Mächten. Sie stünden sich selten Stirn an Stirn gegenüber sondern meist Rücken an Rücken. Tifflor stimmt zu, als Bote tätig zu werden.

Attilar Leccore benutzt auf seiner Flucht die Gestalt des Bonthonner Khelay. Er bringt in Erfahrung, dass die GAUPELLAR GUZDRIN auf Luna gelandet ist. Mit Hilfe des lunaren Widerstands gelangt er an Bord. Da Tifflor die Dienste Fenckenzers nicht mehr benötigt, nimmt Leccore Kurs zur Erde.

Für die Reise in die Jenzeitigen Lande bekommt Julian eine Atopische Sonde zur Verfügung gestellt. Er tauft das Bordgehirn auf den Namen FENCK. Als im langweilig ist, zeigt ihm FENCK Gesichter. Er sieht Perry Rhodan, John Lennon, Ivy und seinen Vater. Als er seine Mutter sieht, flüstert Julian: „Ich komme jetzt heim“.

 

Rezension:

Wim Vandemaan verfolgt in seinem Roman zwei Handlungsstränge. In dem einen setzt er mit Attilar Leccore auf einen Protagonisten, der, egal an welcher Front er kämpft, immer Erfolge erzielt. Es gehört sicherlich zu den Privilegien eines Exposé-Autors, sich die Charaktere für die eigene Handlung aussuchen zu dürfen. Während der „normale“ Serien-Autor mit den Figuren arbeiten muss, die ihm zugewiesen werden, setzt Vandemaan für seine Geschichte auf einen Gewinner. Das hebt die Stimmung des Lesers nach 10 Ohrfeigen in Folge schon beträchtlich an und trägt zum Erfolg seines Roman sicherlich mit bei. Zudem gaben Romantitel und Untertitel Hinweise auf eine Handlung, die den Zyklushintergrund und den kosmischen Überbau zum Inhalt hatte. Auch dies ist stets ein gern gelesenes Motiv.

Für den zweiten Handlungsstrang wählt Wim Vandemaan hingegen eine Figur aus, die schwieriger kaum sein kann. Sind mehrtausendjährige Terraner schon schwer zu beschreiben, was Vandemaan an einer Stelle seines Romans auch aufgreift, so ist der mehrere Millionen Jahre alte Julian Tifflor erst Recht nicht greif- oder verstehbar. Der Autor ist sich dieser Tatsache bewusst. Er hat daher gut daran getan, den Jahrmillionen-Marsch des Unsterblichen nicht näher zu thematisieren. Die damalige Handlung zum Zeitspeer und dem Marsch war eine Schnapsidee. Andererseits ergibt sich nun die gute Chance, Julian Tifflor aus der Handlung zu schreiben, ohne ihn gleich töten zu müssen. Die Ansätze in diesem Roman dazu, waren vielversprechend.

Neben Leccores gelungener Flucht und Tifflors Gesprächen mit dem Richter baut der Autor noch ein drittes, überaus gelungenes Element, in seine Geschichte ein. Den Gesichtern, die dem Unsterblichen in der Atopischen Sonde gezeigt werden, widmet der Autor jeweils kurze Kapitel. Beim Anblick dieser Gesichter werden bei Tifflor Erinnerungen verschiedenster Art wach. Neben sehr emotionalen Momenten gibt es auch solche, die einen anderen Blickwinkel auf Erlebnisse der Serienvergangenheit zeigen. Beispielsweise die Ausführungen zu Rhodans Gehirnodyssee und darin die Überlegungen zu Naupaum und Catron und ob sich das Alles nicht alleine in Rhodans Gehirn abgespielt hätte. Dazu der Denkanstoß zu Rhodans „Gesichtsverlust“.

Ob der Autor hier nur einer Passion nachgeht oder bestimmten Historien der Serie tatsächlich einen anderen Anstrich verpassen möchte, wird wohl nicht geklärt werden können. Beim PRFZ-Tag in Osnabrück hatte der Autor auf der Bühne aber auch im persönlichen Gespräch mehrmals, geradezu leidenschaftlich, seine Idee geäußert, manch frühere Handlung sei noch nicht zu Ende erzählt worden und kann weitererzählt werden. Mit dem MDI hat Vandemaan bereits damit begonnen, eine als abgeschlossen geltende Geschichte fortzuführen. Vielleicht ist es ihm auch ein Bedürfnis, der Gehirnodyssee, die sicherlich kein Höhepunkt der Serie ist, nachträglich eine Aufwertung zu verpassen.

Alles in allem ein sehr schöner Roman mit vielen Einfällen. Die Dialoge sind kurz und voller lakonischer Aussagen. Sehr schön auch die Idee, unter den Onryonen Zwietracht zusähen. Bonthonner Khelays Überlegungen zu den Beweggründen des Gefangenen, dieser wolle den Eindruck erwecken, er sei ein Gestaltwandler und dadurch könnte das Tribunal destabilisiert werden, zeigen Früchte. Obwohl Khelay selbst zu diesem Schluss kommt, hat er sich gewissermaßen selbst damit infiziert. In der Folge wird er unsicher und sieht Gespenster.

Es gibt aber auch Widersprüchliches zu lesen. Der Richter sagt einerseits über die Tiuphoren, dass deren Erscheinen in dieser Epoche nicht dokumentiert sei. Andererseits sagt er nur wenige Zeilen weiter, dass sich die Vergangenheit nicht ändern lässt. Seine Feststellung über die Tiuphoren muss aus der Zukunft erfolgen. Und da die Tiuphoren nun mal hier sind, irrt sich der Richter, bzw. der Autor.

Wim Vandemaan erwähnt mal wieder den lunaren Widerstand. Attilar Leccore ist auf der Flucht und leiht sich einen Privatgleiter von seinem Chauffeur. Er fragt den Terraner in seiner Identität als Onryone, ob der Widerstand an den Piloten herangetreten sei. Als der Terraner dies einräumt, ist Leccore zufrieden. Der Autor offensichtlich auch, denn er führt aus, dass sich der Lunare Widerstand lächerlich gemacht hätte, wenn er nicht an den terranischen Chauffeur eines wichtigen Onryonen herangetreten wäre. Lächerlich an der Szene ist allerdings etwas anderes. Dass nämlich der größte Militärstützpunkt der LFT mit 1 Milliarde Menschen sang- und klanglos in der Handlung untergegangen ist!

Und noch eine Kleinigkeit störte. Zu einer Neuordnung, wenn man das so bezeichnen kann, des kosmischen Überbaus der Serie hat Vandemaan viel geschrieben aber leider nur wenig gesagt.

Nochmal zurück zu Tifflor und dem Gesicht seiner Mutter. Am Ende kehrt Tifflor womöglich tatsächlich zu seiner Mutter „heim“ wenn er sich in die Atopie begibt.

 


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