Ansichten zu Perry Rhodan Heft 2724

Zeitzeuge der Zukunft – von Wim Vandemaan – Handlung:

Die 232-COLPCOR des Richters Matan Addaru Dannoer ist in Terrania gelandet und Perry Rhodan und Bostich haben sich an Bord begeben. Auf dem Space Port, der von anderen Schiffen geräumt wurde, richten Politiker, Wissenschaftler und Medienvertreter ihre Aufmerksamkeit auf das Schiff des Atopischen Tribunals. Auch Attilar Leccore ist mit Mitarbeitern des TLD vor Ort, als sich endlich das Schleierfeld um die 232-COLPCOR auflöst. Das 1487 Meter durchmessende Schiff ähnelt dem halb geöffneten Kelch einer riesenhaften Rose und die Hülle leuchtet im selben Rot wie die Raumer der Onryonen. Matan Addaru Dannoer betritt die Landefläche und der TLD startet einen Angriff auf den Richter. Doch die Projektile oder Energiestrahlen schlagen ohne erkennbare Wirkung in den Leib des Richters. Da, wo sie wieder austreten müssten, regnen winzige nachtblaue Körner zu Boden. Der Atope winkt nur müde ab und bittet um ein Vieraugengespräch mit der Solaren Premier.

Das Gespräch ist kurz, Dannoer gibt sich kaum eine Blöße. Cai Cheung hat den Verdacht, dass sich der Richter mit dem gezeigten Körper nur verkleidet hat. Als sie den Atopen mit dieser Beobachtung konfrontiert, zeigt sich Matan Addaru Dannoer für einen Moment unsicher. Der Richter will Schöffen aus der Bevölkerung für den bevorstehenden Prozess rekrutieren, verlangt zudem den freien Abzug der Tefroder und bittet um Genehmigung, mit einem onryonischen Schiff den Korpus der SI in der Sonne untersuchen zu dürfen. Cheung will zum letzten Punkt eine Volksabstimmung vornehmen lassen.

Am gleichen Abend wendet sich Matan Addaru Dannoer an die Bevölkerung. Die aufgezwungene Ausstrahlung kann von den Verantwortlichen der Sender und der Regierung nicht verhindert werden. Bürger der Liga, Menschen und Fremdwesen, Kleinkinder und Ungeborene, intelligenzoptmierte Primaten und Papageien, Geister der Toten und künstliche Intelligenzen sollen nach Meinung des Richters am Prozess teilnehmen können. Die Regierung betrachtet diesen Aufruf als Provokation, kann aber nichts dagegen unternehmen. Attilar Leccore hat unterdessen die kleinen Körner am Space Port bergen lassen und zur Untersuchung an Sichu Dorksteiger weitergeleitet.

An Bord der 232-COLPCOR kommen Rhodan Zweifel an seiner Entscheidung, sich freiwillig auszuliefern. Nach einiger Zeit bekommt er Besuch von einem Wesen namens Angakkuq, das sich als Wächter und Wirt vorstellt. Der Fremde hat Facettenaugen und sein spindeldürrer Körper wird von einem schlauchartigen Mantel verhüllt. Auf eine entsprechende Bitte führt Angakkuq den Unsterblichen zur Unterkunft des Imperators. Bostich hat sich mittlerweile von den Folgen der Operation erholt und die beiden Männer erhalten eine Führung durch die 232-COLPCOR. Überraschend stellen sie fest, dass zahlreiche Aggregate terranischen und arkonidischen Ursprungs zu sein scheinen. Angakkuq gibt Details preis. Das Schiff besteht aus winzigen protechnischen Stammzellen, die tt-Progenitoren, die ihre Kraft aus dem Hyperraum schöpfen. Die Zellen können sich teilen und selbst heilen. Zudem kommunizieren sie ständig miteinander und erforschen die Umgebung. So sind sie in der Lage fremde Technologien zu imitieren und zu adaptieren und in kürzester Zeit zu vervollkommnen.

Sichu Dorksteiger hat unterdessen herausgefunden, dass der Richter die auf ihn einschlagende Waffenenergie in eine andere Energieform umgewandelt und in Pseudomaterie transformiert hat. Die Körner lösen sich nun langsam auf. Im Solaren Haus bekommt Cai Cheung die Info, dass sich Schiffe der Arkoniden dem Solsystem nähern. Und im Süden von Terrania hat sich Richter Matan Addaru Dannoer das Happy Betty, eine Vergnügungsstätte mit Showprogramm als Ort für den Prozess ausgesucht. Der Richter will zudem Gucky sprechen, der sich nach Aussage Dannoers außerhalb der atopischen Agenda bewegen würde. Attilar Leccore, dessen Herkunft mittlerweile auch Dorksteiger und Cheung bekannt ist, schlüpft in die Rolle des Ilts und lässt sich mit zahlreichen technischen Gimmicks ausstatten. Der Besuch ist kurz. Gucky, bzw. Leccore vermuten, dass der Ilt auf seine Parafähigkeiten getestet werden soll. Da Leccore keine hat, ist der Richter zufrieden. Matan Addaru Dannoer kündigt zudem einen Zeitzeugen der Zukunft an.

Am Rande des Solsystems erscheint ein alter klappriger Raumer der Überschweren. Zur Verblüffung aller Beobachter durchdringt das Schiff mühelos den Kristallschirm. An Bord befindet sich Julian Tifflor, der aussagt, einer Einladung von Matan Addaru Dannoer zu folgen.

Unterdessen verhört Dannoer die beiden Fraktoren. Das Urteil des bevorstehenden Prozesses steht bereits fest. Die beiden Männer werden zu 500 Jahren verurteilt werden. Das Gespräch ist aus Sicht der beiden Angeklagten unerfreulich, da die Gerechtigkeit, nach der Dannoer handelt, eine gänzlich andere ist, als die der Liga oder Arkoniden. Rhodan und Bostich werden im Übrigen nicht am Prozess teilnehmen. Dannoer offenbart im Gespräch Kenntnisse der Kosmologie und erwähnt diverse Kosmonukleotide. Während der Prozess beginnt, erfährt Rhodan von Angakkuq, dass es neben den zwei Kardinal-Fraktoren noch ein Dritten gäbe, der als Adaurest bezeichnet wird und derzeit nicht greifbar ist und für den Prozess keine Rolle spielen würde.

Im Prozess dürfen die Schöffen lediglich Fragen an den Richter stellen. Als Beweis für den zukünftigen Weltenbrand von GA-yomaad tritt Julian Tifflor als Zeuge auf. Tifflor habe von ARCHETIMS HORT das Feuer der Vernichtung gesehen. Den Ursprung der Ekpyrosis konnte er jedoch nicht sehen, da in dieser Zeit das Solsystem von einem Korpuskalen Dunst getrübt wird. Rhodan, der mittlerweile zugeschaltet ist, fordert von Tifflor mehr Details, die der alte Weggefährte jedoch verweigert. Tifflor gibt Rhodan und anderen die Schuld. Er räumt allerdings ein, dass der Begriff Schuld zu oberflächlich sei. Der Prozess ist damit beendet.

Im Atopen-Schiff mutmaßt Rhodan, dass im lateralen Raum, von den Lunarern Schacht genannt, und im Polyport-System es zu temporalen Anomalien kam. Wenn auch die Richter durch die Zeit reisen, könnte deren Fortbewegungsmittel gleichermaßen gestört sein. Sie könnten Interesse am Polyport-Netz haben, das jedoch von Rhodan abgeschaltet wurde. Schließlich fällt das Urteil. Rhodan und Bostich erhalten 500 Jahre Mobilitäts- und Autoritätsentzug und müssen die Strafe auf einer Welt des Tribunals absitzen.

Im Labor von Sichu Dorksteiger laufen die Untersuchungen an Leccore nach dessen Besuch beim Richter in Gestalt Guckys auf Hochtouren. Leccore konnte vom Richter keinen richtigen Eindruck bekommen, da der Atope das Leben nur imitiere. Die ÜBSEF-Konstante wirkt im Vergleich zu einem richtigen Lebewesen künstlich. Die wahre Persönlichkeit des Richters liege in dessen Stab, dem Glivtor.

Rhodan und Bostich sind erneut im Gespräch mit Matan Addaru Dannoer. Rhodan weist auf das Zeitparadoxon hin, das entstünde, wenn sie für eine nicht begangene Tat bestraft würden. Dannoer weist diese Ansicht von sich und verweist auf andere Beispiele, z.B. der PAD-Seuche. Rhodan kann den Richter ein wenig in die Enge treiben. Das Atopische Tribunal passt nicht in das ihm bekannte kosmische Modell. Es geht auch nicht um eine juristische Angelegenheit. Das Tribunal ist nicht hier, weil es die Ekpyrosis gegeben hat, sondern das Tribunal existiert überhaupt nur, wenn es die Ekpyrosis nicht gegeben hat. Nur deshalb sollen Rhodan und Bostich bestraft werden, damit der Weltenbrand nicht die Existenz des Tribunals bedroht.

Der Solaren Premier liegt das Ergebnis der Volksbefragung vor. Eine knappe Mehrheit hat sich für eine Untersuchung der Sonne ausgesprochen. Das Ergebnis ist wohl vom Tribunal beeinflusst worden, allerdings kann das nicht bewiesen werden. Perry Rhodan verabschiedet sich von Farye Sepheroa, die mit der KRUSENSTERN ins Solsystem gekommen ist. Sie soll die Blumen in Rhodans Haus in der 746 Upper West Garnaru gießen.

Matan Addaru Dannoer verkündet die komplette Entmilitarisierung der Milchstraße und die Unterstellung aller Völker unter die Atopische Ordnung. Dazu komme die Rückführung aller besetzten Welten an die Ureinwohner. Die Tefroder haben bereits Anspruch auf Terra erhoben. Der Anspruch würde bereits geprüft. Sichu Dorksteiger hat diese letzte Botschaft des Richters genau untersucht und Merkwürdiges festgestellt. Die Botschaft war manipuliert. OTHERWISE kann einen anderen Text rekonstruieren. In der Übertragung ist ein Röcheln zu hören. Wahrscheinlich ist der Richter dem Tode nahe.

Im TLD-Tower suchen Gucky und Leccore das 106. Stockwerk auf. Streng abgeschirmt von außen liegt dort die wieder genesene Toio Zindher in einem künstlichen Koma. Wenn Gucky sich deren Fähigkeit der Vitaltelepathie aneignen würde, könnte er Rhodans Spur aufnehmen. Doch das würde den Tod der Tefroderin bedeuten. Gucky tritt an die Liege.

 

Rezension:

Ein Romantitel der viel versprach und herausgekommen ist ein Roman mit Höhen und Tiefen. Hätte ich die Rezension nach 15 Seiten schreiben müssen, wäre das Urteil vernichtend ausgefallen. Hätte ich nur die letzten paar Seiten beurteilen müssen, wäre das Urteil ebenfalls unerfreulich ausgefallen. So aber kann der Autor Wim Vandemaan im Mittelteil mit einigen gelungenen Passagen punkten und seine Geschichte über die Zeit retten. Ironischerweise spielt die Zeit in diesem Roman eine besondere Rolle. Und ironischerweise fälle ich mein Urteil erst nach ausgiebiger Beweisaufnahme (im Gegensatz zum Richter des Atopischen Tribunals).

Doch von Anfang an. Seit 25 Heften beschäftigt sich der Zyklus mit angeblichen Vergehen, die den beiden Hauptfiguren Perry Rhodan und Gaumarol da Bostich zur Last gelegt werden. Eine interessante Ausgangssituation, die viel Raum für Spekulationen einräumte. Eine Hypothese hätte beispielsweise die Hinterfragung der rechtlichen und/oder moralischen Instanz der Zellaktivatorträger, allen voran Perry Rhodan, sein können. Mit einem anderen Rechtesystem konfrontiert, hätten sich unsere Helden einer anderen (höheren?) Instanz gegenüber verantworten müssen. Doch dazu ist es nicht gekommen. Der Plot ist gar nicht mit der Ernsthaftigkeit angelegt worden, die für eine solche Hypothese unbedingt Voraussetzung ist. Stattdessen scheinen eher komödiantische Elemente das Hauptthema des Zyklus zu beherrschen.

In jedem Zyklus kommt irgendwann der Zeitpunkt, an dem die Autoren, allen voran die Exposé-Autoren, die Hosen runterlassen müssen. Der Punkt entscheidet, um was es eigentlich geht und was das Ziel des Zyklus ist oder sein könnte. Es ehrt Wim Vandemaan, dass er selbst an diesem wichtigen Punkt im aktuellen Zyklus blank zieht. Das Resultat ist gewöhnungsbedürftig und bedarf der Erläuterung.

Der Prozess in Vandemaans Roman gerät tatsächlich zur Farce und erinnert in seiner Dramaturgie ein wenig an den Auftakt von STNG, als Q über die Menschheit Gericht hält. Auch dort traten Zeitzeugen auf und das Urteil stand eigentlich auch schon fest. Nun, abgesehen von einer gewissen Ähnlichkeit mit Star Trek, beschäftigt mich die Frage, ob es tatsächlich die Absicht des oder der Expokraten war, dem Zyklusthema diese Richtung und diese Inhalte zu geben oder ob der Zyklus eine gewisse Eigendynamik entwickelt hat.

Wim Vandemaan beginnt seinen Roman zunächst konventionell. Es werden die üblichen Muster abgespult, die der Auftritt einer fremden überlegenen, äh überheblichen Macht auf Terra mit sich bringt und dem Leser jedes Mal die Tränen in die Augen treiben. Als da wäre die obligatorische technische Überlegenheit gepaart mit mehrmaliger Demütigung der Helden und ihrer Helfer. Als Höhepunkt der Schmach sei auf die trotzige Antwort der Solaren Premier verwiesen, die wie ein kleines Schulkind dem Richter antwortet, dass alles was auf Terra liegt terranisches Eigentum sei. Es folgt das übliche Herumgestochere der Wissenschaftler, hier in Person der Sichu Dorksteiger, deren Qualitäten sich in einer smaragdgrünen Haut mit goldenen Adern und Zeichnungen erschöpfen.

An der Stelle muss eingeschoben werden, dass der übliche Bedrohungsaufbau des Zyklus mit dem vorliegenden Roman einen deutlichen Knacks erhält. Wie immer zu Beginn eines Zyklus ist die „Unschärfe“ bei der Darstellung des Gegners ein gern eingesetztes Stilmittel. Zunächst treten die Wasserträger (Onryonen) in Erscheinung. Keineswegs als übermächtig dargestellt, rufen sie eher Verwunderung als Besorgnis hervor. Beim Auftritt der perfekten Jäger hingegen stellte sich bereits die Frage, warum die Gestaltwandler so umständlich vorgegangen sind und sich die Unsterblichen nicht sofort gekrallt haben. Spätestens mit dem Auftritt des Richters im vorliegenden Roman wird der Bedrohungsaufbau des Zyklus ad absurdum geführt.

Zurück zum Roman. Nach den konventionellen Passagen fängt sich der Autor etwas und tut das was er am besten kann. Er liefert skurrile Beschreibungen und Anekdoten am Fließband. In diese Schaffensphase Vandemaans fällt auch ein sehr wichtiger Zeitpunkt. Ab einem bestimmten Punkt nämlich entwickelt sich der bisherige ernste Plot hin zu einer SF-Humoreske. Das beurteile ich im Übrigen ganz und gar nicht als negativ. Ich bin bekennender Anhänger von Douglas Adams und würde es begrüßen, wenn mal ein ganzer Zyklus etwas sinnfreier angelegt würde. Aber wie schon gesagt, es kann sein, dass dieser Wechsel gar nicht von den Expokraten so beabsichtigt war. Jedenfalls kam der Einschnitt mit dem 25. Heft des Zyklus doch überraschend. Auf eine besonders humorige Anekdote möchte ich an der Stelle noch hinweisen. Auf die mit Unschuldsmine vorgetragene Bitte des Richters um Untersuchung des Korpus der toten SI in der Sonne, lässt die Solare Premier darüber in einem Volksentscheid befinden. An der Stelle habe ich wirklich schallend lachen müssen. Das hätte Douglas Adams auch nicht besser hinbekommen! Ich freue mich bereits schon auf die nächsten Umfragen, bezgl. der Abrüstung der Raumflotte und der neuen Heimat der Terraner.

Natürlich mache ich mir Gedanken, warum der Schwenk in Richtung einer SF-Humoreske erst so spät im Zyklus erfolgt. Möglicherweise hat das Expo-Team erst sehr spät erkannt, dass eine ernsthafte in Teilen juristische Aufarbeitung der Geschichte doch mehr Tiefgang erfordert hätte als es gemeinhin einer Trivialliteraturserie zugestanden wird. Eine „echte“ Gerichtsverhandlung mit Anklage, Beweisführung, Zeugen, Verteidigung, Statements etc. braucht schon etwas mehr an Vorbereitung und Grips. Auch Argumentationsketten und zeitliche Abläufe müssen stärker durchdacht werden. Vielleicht hätten ein Andreas Eschbach oder ein Richard Dübell so etwas auf die Beine stellen können. Allerdings hätte das Honorar den Verlag vor Probleme gestellt.

Von daher ist der Schwenk in die Richtung einer weniger ernsten und seichteren Unterhaltung durchaus nachvollziehbar. Das erlaubt dann auch einen Auftritt des „Zeugen“ Tifflor, der auf seinen HORT thront und den Weltenbrand beobachtet hat. Nichts Genaues hat er nicht gesehen, weil es war ja auch viel zu dunstig. Damit ist die Beweisaufnahme abgeschlossen.

Fazit: Sehr spät hat das Expokraten-Team einen Wechsel im Zyklus vorgenommen. Der ernsthafte Plot hat sich zu einer SF-Humoreske entwickelt. Mal sehen, wie es weitergeht.

 


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