Ansichten zu Perry Rhodan Heft 2705

Die Sippe der Würdelosen – von Michael Marcus Thurner – Handlung:

Der Onryone Shekval Genneryc schickt den Marshall Caileec Maltynouc los, um der JULES VERNE eine Falle zu stellen. Währenddessen ist die Mehandor-Sippe der Tusnetz im Solsystem gestrandet. Das Linearflugverbot verschlimmert die wirtschaftliche Situation der Springer, die auch die Sippe der Würdelosen genannt wird, da sie selbst unter ihresgleichen einen schlechten Ruf genießen. Patriarch Audunt lässt seinen Stellvertreter Abanell Kontakt zu den Onryonen aufnehmen. Unter dem Vorwand, das Trümmerfeld der von den Onryonen zerstörten Schiffe ausbeuten zu wollen, bieten die Mehandor auch an, die Terraner bei Gelegenheit an die Onryonen zu verraten.

Während auf Terra und anderswo die Auslobung eines Zellaktivators zahlreiche Menschen um den Verstand bringt, verbirgt sich die JULES VERNE im Ortungsschutz einer Sonne. Der TLD-Agent Gjyas Khosrau, von dem alle an Bord davon ausgehen, dass er ein Spion der Onryonen ist, wird streng bewacht und untersucht. Khosrau schlägt Bull vor, die JULES VERNE an Bord einer Space-Jet zu verlassen. Sollte er tatsächlich, ohne es zu wissen, Teil einer 5.Kolonne der Onryonen sein, dann will er Köder spielen. Bull willigt in den Plan ein. Doch bevor er in die Tat umgesetzt werden kann, erscheint ein Verband von 20 Schiffen der Onryonen in der Nähe der JULES VERNE.

Im Solsystem hat Sichu Dorksteiger eine Flotte von Space-Jets zur Suche nach der Blackbox der HILDEGARD VON BINGEN erhalten. Im Zielgebiet wird ihr von den Onryonen der Flug in das Trümmerfeld untersagt. Die Wissenschaftlerin wendet sich an die Sippe der Würdelosen. Sie geht einen Deal mit den Mehandor ein. Die Sippe beschafft die Blackbox und wird dafür fürstlich entlohnt. Dorksteiger ist jedoch unsicher, ob die Mehandor die Absichten der Terraner nicht doch noch an die Onryonen verraten. Doch Abanell täuscht die Onryonen mit einer Lüge über die Absichten der Terraner.

An Bord der JULES VERNE wird die Flotte der Onryonen beobachtet. Die Nähe zur Sonne wird allgemein nicht für einen Zufall gehalten. Die Schiffe scheinen einer kleineren Einheit im Zentrum des Pulks Geleitschutz zu geben. Bull ist sich bewusst, dass es eine Falle sein könnte, dennoch lässt er die JULES VERNE unter Tarnung des ATG-Feldes an die Onryonen heranfliegen und schließlich angreifen. Nach einer kurzen heftigen Schlacht sind 19 Schiffe der Onryonen vernichtet oder kampfunfähig. Das kleine Schiff wird geentert und ein Onryone schwer verletzt gefangen genommen. Noch bevor eine weitere Flotte der Onryonen in das Geschehen eingreift, kann sich der Hantelraumer absetzen.

Während der Kampfhandlungen wird der TLD-Agent Khosrau in seine Unterkunft eskortiert. Aus den Fingerspitzen seiner linken Hand lösen sich Energiestrahlen, die seine Bewacher töten und die TARAS zerstören. Schließlich fällt sein ganzer linker Unterarm ab und einer der Finger richtet sich auf ihn. Mit letzter Kraft kann Khosrau den Arm bei der Schussabgabe zur Seite treten. Es gibt eine Explosion und der Agent wird schwer verletzt. Die Aufräumkommandos können aus der Spurenlage zunächst keine Erkenntnisse zu dem ungewöhnlichen Vorfall ziehen.

Aus den Daten, die auf dem onryonischen Schiff erbeutet wurden, geht hervor, dass der gefangene Onryone ein Marshall namens Caileec Maltynouc ist, der als enger Vertrauter von Atop Chuv gilt. Der Richter residiert in der Nähe des Black Hole Tephaya in der Nähe des galaktischen Zentrums. Die Daten wirken wie eine Einladung und Reginald Bull ist klar, dass es eine Falle sein muss. Dennoch geht er auf das Spiel ein, mit ein paar Trümpfen in der Hinterhand. Er besucht Maltynouc, doch der Onryone gibt sich schweigsam und abweisend. Maltynouc ist zufrieden. Er ist wie geplant an Bord der JULES VERNE.

 

Rezension:

Die Sippe der Würdelosen geriet dem Autor Michael Marcus Thurner etwas besser als der Roman der Vorwoche. Nicht nur, dass die Geschichte deutlich weniger Fehler enthielt, sie war auch nachvollziehbarer angelegt und dadurch lesbarer. Letzte Woche wirkte vieles an Bord der Paddler-Plattform und später in der JULES VERNE aufgesetzt, die Mehandor-Szenen dieses Romans wirkten dagegen authentischer. Auffallend ist nach wie vor, dass die Autoren fremde Gesellschaften besser schildern können, als die menschliche Gesellschaft in der Zukunft. Zwar enthält die Beschreibung der Springer kein Detail, das gänzlich abnorm wäre und manche Sitten und Gebräuche sind nicht so weit von menschlichen Gewohnheiten entfernt, dennoch ist der Wille erkennbar, etwas anderes zu beschreiben. Die Gesellschaft der Erde hingegen zeigt sich in den Beschreibungen der Serie im 52. Jahrhundert lediglich als ein mit ein paar anderen Begrifflichkeiten aufgepepptes Abbild der deutschen (oder österreichischen) Gesellschaft zu Beginn des 21. Jahrhunderts Realzeit. Daran ändert auch nichts, dass Thurner seine Figur Bull in Reaktion auf die Wiedergabe von Statements in den Medien sagen lässt, dass sich die Menschen geändert haben. Einen Beweis dafür bleibt uns der Autor schuldig, zumal er sich in den Szenen, die den Anlass zu dieser Aussage gaben, nur mit den bizarren Auswüchsen Einzelner beschäftigt.

Die Serienwirklichkeit sieht anders aus. Die Menschen haben sich nicht geändert. Zumindest gibt es keine Beschreibung in den Heften dieses Zyklus, die etwas anderes beweist. Es gab einen grandios gescheiterten Versuch von William Voltz nach dem Heft 1000 eine Menschheit zu schildern, die sich in machen Entwicklungen von der realen Gegenwart unterschied. Als Stichwort sei der letzte Verbrecher genannt. Die Geschichte war damals wenig durchdacht, eine derart radikale Schilderung von Eingriffen in die Soziologie der Menschen hat es seitdem nicht mehr gegeben. Möglicherweise hat dieses Experiment noch immer Einfluss auf die Serienentwicklung. Verlag und Autoren trauen sich nicht andere Formen als die vorherrschenden sozialen Haltungen in die Romane einfließen zu lassen. Im Grund genommen werden die verschiedenen Ausprägungen unserer Gesellschaft lediglich mit einer anderen Jahreszahl in den Romanen versehen. Der Autor unterstreicht diesen Eindruck, wenn er Sichu Dorksteiger später sagen lässt, dass die Terraner in den letzten Jahrtausenden nichts hinzugelernt hätten. Schwingt in diesen Sätzen die Resignation Thurners mit, der von den Vorgaben im Exposé enttäuscht ist? Oder ist das seine Reaktion auf die immer gleiche (und ungeliebte) Frage der Leser, die sich ebenfalls zu jedem Zyklusauftakt fragen, warum die Menschheit mal wieder nichts dazugelernt hat.

Doch zurück zum Roman. Nach dem Einstieg, der eine wenig aussagekräftige Sicht auf onryonisches Denken beinhaltete, konnten die Mehandor-Kapitel am meisten überzeugen, abgesehen vom Anlass, sich mit der Sippe der Würdelosen überhaupt zu beschäftigen. Doch dazu unten mehr. Das Duell Bull – Khosrau war nur anfänglich interessant. Als Nerv tötend erwiesen sich die zahlreichen Untersuchungen und Sicherheitsmaßnahmen, von denen erkennbar war, dass sie sowieso nichts bringen würden. Und in jedem dieser Kapitel begleitete uns mindestens einmal zu viel der Hinweis alles und jeden ständig zu bewachen. Auf der einen Seite wird vermutet, dass Khosrau ein Spion ist, auf der anderen Seite sind die Untersuchungen, nach Verlautbarung des Chef-Mediziners nur oberflächlich. Dass passt nicht zusammen. Dazu streute der Autor seine Schlaglichter in den Roman, die, wie oben beschrieben, eben nur die bizarren Auswüchse einiger Individuen zeigten. Der Ideenreichtum des Autors in allen Ehren aber weniger wäre mehr gewesen.

Die Suche nach der Blackbox beschäftigt die Autoren nun bereits seit mehreren Romanen. Die immer wieder beschriebenen Schwierigkeiten, diese Box überhaupt zu finden, nerven ebenfalls. Zumal man sich fragen muss, warum überhaupt nach der Box gesucht wird. Man sollte meinen, dass die JULES VERNE bessere Daten liefern könnte, da sie einen Angriff der Linearraumtorpedos selbst erlebt und überlebt hat. Die Daten könnten längst auf Terra und in der Hand der Wissenschaftler sein, wenn, ja wenn der Autor daran gedacht hätte. Hat er aber nicht und so wirkt das Geschehen unlogisch. Die Krönung der Unlogik ist jedoch, dass die Signale der Blackbox beim Eintreffen der Suchtrupps angemessen werden können. Die Ortsbestimmung in einem dreidimensionalen Raum ist den Wissenschaftlern jedoch nicht möglich! Ein peinlicher Patzer. Für die Fehler letzte Woche hat Michael Marcus Thurner in seinem Blog ein paar Erklärungen abgegeben. So wie es aussieht bedarf es einer Fortsetzung dieser Erläuterungen.

Wieder besser zu lesen, weil mit einem Spannungsbogen versehen, waren die Abschnitte, die der Autor dem Duell Bull – Onryonen gewidmet hat. Wir wissen von der Falle der Onryonen und wir wissen, dass Bull weiß, dass es eine Falle ist. Zum Schluss weiß auch der Onryone, dass Bull weiß, dass es eine Falle ist. Denn Bull begrüßt den Onryonen mit den Worten, dass er sich auf das kleine Spiel freue. Damit ist eine gute Überleitung zum nächsten Roman geschaffen.

 


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