Todeslabyrinth – von Susan Schwartz – Handlung:
Der Journalist Shamsur Routh wird in einer Klinik in Terrania behandelt. Der Vater von Anicee Ybarri liegt im Sterben. Sein Gehirn verbrennt regelrecht und sein geistiger Zerfall hat dramatische Auswirkungen auf seine Erinnerungen. Zur geistigen Verwirrtheit kommt auch körperlicher Verfall hinzu. Die Ärzte können nichts tun und auch sein Implantmemo Puc bietet ihm nur noch eine moralische Unterstützung. Täglich meldet sich Shamsurs Ziehvater Chourtaird beim verantwortlichen Arzt Saram Ialtek. Der Mediziner, der Vorbehalte gegen den Sayporaner hat, wehrt zunächst einen Besuch ab.
Saram Ialtek injiziert Routh ein unerprobtes Stimulans. Die darin enthaltenen Nanorezeptoren regen die Synapsen des Gehirns an und lassen den Patienten einige Zeit unabhängiger von der Gerätemedizin werden. Das Mittel wirkt nur kurzzeitig. Immerhin erlaubt es nun einen Besuch von Chourtaird, der möchte, dass Shamsur Routh einen letzten Dienst für die Menschen vollbringt. Schließlich gelingt es Ialtek auch die Tochter Rouths zu einem Besuch zu überreden. Er spritzt dem Patienten erneut das Stimulans so dass Shamsur beim Besuch seiner Tochter Anicee bei einigermaßen klaren Verstand ist.
Anicee zeigt überraschend Gefühle am Krankenbett des Vaters. Sie umarmt Shamsur und entschuldigt sich bei ihm und die Worte die sie wechseln, lassen ihn an frühere Zeiten erinnern. Als Shamsur Routh schließlich stirbt, ist auch Chourtaird wieder da und nimmt das Gehirn des Toten in eine permanente Suspension, um es nach Faland, zum Totenhirn zu bringen. Henrike Ybarri, die zu spät eintrifft, ist zuerst entsetzt, schließlich stimmt sie dem Vorhaben zu und will Anicee und Chourtaird über ein Transitparkett nach Faland begleiten.
Shamsur Routh findet sich in einer seltsamen Umgebung wieder. Er kann sich nicht an seinen Namen erinnern, er weiß aber, dass die Stadt, in der es ihn verschlagen hat, nicht Terrania ist. Die Hochhäuser der seltsamen Stadt schwanken und geben dabei Töne wie Gesang von sich. Die Türen und Fenster sind nur aufgemalt. Kein Leben zeigt sich. Routh irrt durch das Häusermeer. Nach einiger Zeit bemerkt er viele menschliche Schemen, die aus den Gebäuden treten und spricht einen von ihnen an. Routh spürt, dass das ein Fehler war. Er flieht vor den Schemen, die ihn nun verfolgen. Als sich zwei Schemen vereinigen und ihn berühren, bekommt er einen elektrischen Schlag.
Ein anderer Schemen packt ihn plötzlich am Arm und zieht ihn in eines der Gebäude, von wo aus sie in den Untergrund gelangen. Der Schemen entpuppt sich als Zachary Cranstoun, dem Routh im universellen Spainkon schon einmal begegnet ist. Routh erkennt, dass er tot ist und nun wirklich auf der gleichen Ebene wie Zachary existieren kann. Dazu muss er sich entscheiden. Er muss sich von seinen überflüssigen Erinnerungen, den Schemen, die ihn verfolgen, trennen und im Totenhirn aufgehen oder für immer vergehen. Routh erfährt auch, dass Delorian den SI-Korpus ALLDARS entwendet und mit dem Totenhirn verschmolzen hat. Shamsur Rouths Reise ist beendet. Er geht im Totenhirn auf.
Rezension:
Der Roman von Susan Schwartz beschäftigt sich ausschließlich mit dem Schicksal der Figur Shamsur Routh. Die Geschichte baut im Wesentlichen auf drei zentrale Szenarien auf. Der erste Abschnitt beschäftigt sich mit dem todkranken Shamsur Routh, der von Ärzten und Pflegern umgeben in einer terranischen Klinik dahinvegetiert. Im zweiten, sehr kurzen Abschnitt besucht Anicee ihren Vater während dieser einen letzten lichten Moment hat und schließlich folgt der dritte Teil, der etwa die Hälfte des Romans ausmacht. Shamsur Routh muss sich zwischen Vergehen und Unsterblichkeit entscheiden.
Der erste Teil hatte einige unnötige Längen. Shamsur Routh gehört zu den wenigen Charakteren, die Eindruck in diesem Zyklus hinterlassen haben. Zum einen wurde über diese Figur in die Welt der Sayporaner eingeführt, zum anderen war der Journalist im Gegensatz zu vielen anderen Haupt- und Nebencharakteren eine der wenigen Personen, die aus eigenem Antrieb gehandelt haben. Er war der einzige (!) Vater von unzähligen verschwundenen Jugendlichen, der sich auf die Suche nach seinem Kind gemacht hat. Die Schilderungen Vandemaans von den Geschehnissen auf Gadomenäa gehören zu den Highlights dieses Zyklus. Es war daher etwas unpassend, wenn die Autorin im ersten Teil etwas zu häufig Rückblicke und Erinnerungen bemüht, um die Figur dem Leser näher zu bringen, denn das war gar nicht nötig.
Gut gelungen ist hingegen die Charakterisierung der Figur trotz des fortschreitenden geistigen Zerfalls. Susan Schwartz übernimmt die Figur ohne Bruch von ihrem Autorenkollegen Wim Vandemaan, der bisher alle Romane mit dieser Figur geschrieben hatte, mit einer Ausnahme: Hans Kneifel durfte die Figur ebenfalls einmal einsetzen.
Über den Klinikalltag im ersten Abschnitt des Romans sollte man nicht allzu lange nachdenken. Die Autorin hat es leider ebenso wenig getan. Herausgekommen ist nämlich eine mit einigen Klischees unterfütterte Szenerie, der Schwarzwaldklinik nicht unähnlich. Hier wird auch offensichtlich, dass sich die Autorin nur ungern mit Science Fiction beschäftigt, denn diese Elemente fehlen weitgehend. Von daher wäre es angebracht gewesen, statt einer Klinik einen anderen Handlungsort zu wählen, um gar nicht erst dieses Technikvakuum entstehen zu lassen. Ein reines Hospiz, konzentriert auf den Sterbenden und weitgehend ohne Technik hätte hier augenscheinlich besser gepasst und die Autorin von einigen Nöten befreit.
Der Besuch Anicees bei ihrem Vater hatte eine starke emotionale Komponente. Was angesichts der Ereignisse nicht für möglich erschien, nämlich die Annährung von Vater und Tochter, wird von Susan Schwartz sehr gut zum Ausdruck gebracht. Anicee zeigt zum ersten Mal seit ihrer Formatierung Gefühle. Ein wenig muss man bei dieser Szene allerdings schon verwundert schauen, denn die immer wieder, auch in diesem Roman, erwähnte irreversible Manipulation der Jugendlichen, schien ein Stück weit durchbrochen. Aber dieses Thema fand während des gesamten Zyklus leider nur wenig Beachtung in den Romanen und die Chance, dass sich aus dieser Szene noch etwas entwickelt, ist wohl eher gering. Die Sayterraner sind einfach nur eine Last, die der Menschheit in der fremden Umgebung auferlegt wurde. Eine echte Auseinandersetzung mit diesem Thema hat nur in kleinem Kreis (Shamsur, Anicee, Henrike) stattgefunden. Auf der „Helden“-Ebene hat trotz Bulls flammender Ansprache nichts stattgefunden.
Im letzten Abschnitt schließlich beschäftigt sich die Autorin mit dem Werden oder dem Vergehen von Shamsur Routh. Abgesehen von der Tatsache, dass dem PR-Kosmos mal wieder eine neue Variante vom Leben nach dem Tode hinzugefügt wurde, war dieser Abschnitt bis auf einige Längen gut zu lesen.
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