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Das 106. Stockwerk – von Hubert Haensel – Handlung:
Flemming Burnett ist Koko-Interpreter im TLD-Tower. Die Positronik, die er bedient, heißt AGENT GREY und ist ein positronischer Querdenker. Die Maschine stellt ständig Berechnungen an, die auf konträren Annahmen beruhen und von unwahrscheinlichen Voraussetzungen ausgehen. Zehn Jahre zuvor nimmt Fydor Riordan, damals noch stellvertretender Abteilungsleiter der Abteilung Terra Intern, Kontakt zu Flemming Burnett auf. Riordan kann Burnett davon überzeugen, dass die Terminale Kolonne TRAITOR weiter im Verborgenen arbeitet. Millionen von Koda Ariel haben die Welten der Milchstraße infiltriert und die wichtigsten Persönlichkeiten übernommen. Fydor Riordan und Ve Kekolor, die sich an Flemming Burnett heranmacht, versuchen Widerstand zu leisten. Geheimnisvolle Fremde, die Sayporaner, würden sie unterstützen. Burnett soll im Auftrag Riordans ein Haar analysieren lassen, das vom TLD-Leiter Leccore stammen soll. Die Analyse ergibt eine nicht in der Milchstraße vorkommende fremde DNA. Als nächstes soll Flemming Burnett ein geheimes Programm in AGENT GREY installieren, das der Maschine angeblich helfen soll, zwischen Freund und Feind zu unterscheiden. Flemming Burnett kann die Sicherheitsprotokolle unterlaufen und wird dadurch zu einem Erfüllungsgehilfen von Riordan und den Sayporanern.
In der Gegenwart des Jahres 1469 NGZ plant Reginald Bull den Vorstoß in den TLD-Tower, wo er ein Transitparkett der Sayporaner vermutet. Er will das Gerät erobern, um einen Vorstoß in das Weltenkranzsystem durchführen zu können. Das Vorhaben wird nicht einfach. Der TLD-Tower reicht 2 Kilometer in die Tiefe und wird an der Oberfläche von einem Paratronschirm überspannt. Drei Raumschiffe schweben über dem Komplex, der den Raumlandetruppen bislang erfolgreich Widerstand leistet. Bull befürchtet, dass ein offensiver Vorstoß von oben die im Tower vermuteten Sayporaner und Fagesy zur Flucht treiben könnte. Dabei könnten sie Sprengsätze zurücklassen, um das Transitparkett zu zerstören. Ein anderer Weg muss gefunden werden, um unbemerkt in die Schaltzentrale des Geheimdienstes einzudringen.
Der Weg geht über Attilar Leccore. Der Leiter des TLD kennt einen Geheimzugang. Zur Einsatzgruppe gehören neben Bull und Leccore noch zwei Spezialisten für positronische Systeme, sowie Toufec und Shanda Sarmotte. Die Gruppe gelangt, angeführt von Leccore, über einen beweglichen Raum in das 106. Stockwerk des TLD-Towers. Zunächst unbemerkt arbeitet sich die Gruppe langsam nach oben. Irgendwann wird die Gruppe doch entdeckt. Es kommt zu Scharmützeln mit Fagesy. Leccore kann einen Kontakt zu AGENT GREY herstellen. Dabei stellt er fest, dass die Positronik manipuliert wurde. Der Leiter des TLD entdeckt einen geheimen Raum im 106. Stockwerk. Die Gruppe macht sich wieder auf dem Weg nach unten. Mit Toufecs Dschinn kann der Raum betreten werden. Er enthält Klone von Fydor Riordan und Ve Kekolor in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Die Klone haben kein Bewusstsein, sind nur leere Hüllen. Um Riordan und Kekolor zu einer Aktion zu bewegen, lässt Leccore die Klone zerstrahlen.
Fydor Riordan und Ve Kekolor erscheinen tatsächlich mit Kampfrobotern. Im Verlauf der Kampfhandlungen wird Kekolor getötet und Riordan schwer verletzt. Nun dringen auch Raumlandetruppen in den TLD-Tower ein und bringen das Gebäude schnell unter Kontrolle. Flemming Burnett tötet sich selbst. Das Transitparkett wird gesichert. Fydor Riordan wird in die Medostation gebracht. Leccore besucht den im Sterben liegenden Widersacher, der noch einmal das Bewusstsein erlangt. Der TLD-Leiter teilt Fydor Riordan mit, dass man in einer seiner Wohnungen ein Haar gefunden hätte. Riordan will wissen ob es Leccores Haar wäre. Leccore schweigt. Riordan stirbt und Leccore lässt die Aufzeichnung des Gesprächs löschen.

Rezension:
Der seltsame Titel des Romans, der Vorspann und die Infos im Hauptpersonenkasten suggerierten eine spannende Kommandoaktion mit Reginald Bull und dem Ziel der Eroberung des TLD-Towers. Bis es soweit war, wurde die Geduld des Lesers arg strapaziert. Schon die Zusammenstellung der Gruppe geriet dem Autor wenig inspirierend, einige Passagen gerieten unnötig langwierig. Die Dialoge der Kommandomitglieder treten sich um alles Mögliche, nur nicht um den Auftrag. Der Weg zum Einsatzort zog sich quälend dahin. Jeder halbwegs interessante Stadtteil von Terrania wurde gestreift oder erwähnt. Diese Passagen kann man als gelungen betrachten, wenn sie in einem Reiseführer stehen. Zur Durchführung eines Einsatzes zur Eroberung des TLD-Towers war die Detailverliebtheit des Autors für meinen Geschmack zu übertrieben. Die Absicht von Hubert Haensel war natürlich klar. Es ging ihm darum, den Leser hinzuhalten und das Geheimnis lange genug zu bewahren, wie er die Gruppe in den TLD-Tower bringt. Leider gelang es dem Autor nicht, die Spannung kontinuierlich zu steigern, stattdessen hat er die Leser – zumindest mich – nach einiger Zeit verloren.
Der Autor unterbricht diese Aktivitäten mit Rückblenden, in denen er Fydor Riordan und Ve Kekolor einführt. Diese Einschübe waren anfänglich völlig belanglos. Natürlich ging es darum, mit der Einführung dieser beiden Charaktere, deren mörderische Unternehmungen während der Besetzung Terras durch die Sayporaner den Lesern wohlbekannt sind, nicht ins Haus zu fallen. Dennoch gerieten die ersten Rückblenden eine Spur zu bedeutungslos. Ein bisschen mehr Intrige hätte diesen Passagen gut getan. Stattdessen greift der Autor auf eine eher plumpe Art zurück, um die Figur Flemming Burnett zum Spielball Riordans werden zu lassen. Die Koda Ariel Geschichte erschien zu weit hergeholt. Irgendwie hatte ich etwas Perfideres erwartet.
Zurück zur Gruppe im TLD-Tower. Der Autor hatte anfangs klar die Marschrichtung ausgegeben. Die Kommando-Gruppe soll unbemerkt in den TLD-Tower eindringen und sich das dort vermutete Transitparkett sichern. Haensels Figuren wollten unter allen Umständen vermeiden, dass die Sayporaner und Fagesy fliehen und mit einem Sprengsatz das Transitparkett unbrauchbar machen. Kurz nach dem Eindringen wird der Plan des Autors durchkreuzt. Natürlich vom Autor selbst. Seine Protagonisten werden entdeckt und statt nun alles auf eine Karte zu setzen, den Paratronschirm um den Tower auszuschalten und von unten und von oben zum Transitparkett vorzustoßen, genehmigt der Autor seinen Figuren einen Abstecher in das 106. Stockwerk, nachdem sie bereits im 96. Stockwerk angekommen waren. Sayporaner und Fagesy wären aller Wahrscheinlichkeit nach längst geflohen und das Transitparkett zerstört. Hubert Haensel ließ das allerdings nicht zu und somit wurde die Geschichte leider unlogisch.
Zum Ende hin wird der Roman auch noch hektisch. Der Autor muss dem verschwenderischen Erzählstil vom Anfang des Romans Tribut zollen. Bull überlegt, den Paratronschutzschirm abschalten zu lassen, kommt aber erst mal nicht dazu, denn die Gruppe wird im 106. Stockwerk angegriffen. Ve Kekolor stirbt und Fydor Riordan wird schwer verletzt. Plötzlich sind auch von oben die Raumlandestruppen eingedrungen, der gesamte Tower steht wieder unter terranischer Kontrolle, das Parkett ist gesichert und Chourtaird kümmert sich bereits darum. WOW! Gerade eben noch lässt der Autor seine Figuren durch die kilometerlangen Gänge des Towers stürmen, in denen sich nach seiner Aussage ganze Armeen verbergen können und Schwups ist alles eingenommen. Überzeugend war das nicht!
Hubert Haensel macht sich relativ wenig Gedanken bei der Zusammenstellung seiner Figuren. Zur Einsatzgruppe gehören auch zwei Spezialisten für positronische System. Die Figuren erwiesen sich als völlig überflüssig. Auf die Motivation seiner Protagonisten legt der Autor ebenfalls nur wenig Wert. In einem Satz wird erwähnt, dass Ve Kekolor die Unsterblichkeit anstrebt. In einem anderen Satz, dass die Sayporaner ihr und Riordan die Unsterblichkeit versprochen haben. Im Tower werden dann Klone von ihr gefunden. Die werden zerstrahlt. Kekolor wird getötet. Das war’s. Okay, die Stille Ve hatte damit ihr Motiv aber sehr viel mehr als meine Zusammenfassung hat der Autor in den entsprechenden Textstellen auch nicht geschrieben. Das geriet einfach zu kurz.
Den Epilog nutzt der Autor, um Fydor Riordan abtreten zu lassen und beim Leser ein kleines Rätsel zu hinterlassen. Ist Leccore vielleicht doch ein Koda Ariel oder zumindest nicht der, der er zu sein scheint? Leider konnte mich auch das nicht überzeugen. Dazu war die vorausgegangene Geschichte zu abgedroschen, als das der Knalleffekt des Autors bleibenden Eindruck hinterlassen könnte.
Fazit: Ein schwacher Roman von Hubert Haensel, dem es nicht gelungen ist, die Motive seiner Figuren herauszuarbeiten.

 


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