Ansichten zu PR 2619

Planet der Formatierer – von Wim Vandemaan – Handlung:
Shamsur Routh, auf der geistigen Ebene eines Kindes, gelangt über das Transitparkett nach Gadomenäa unter der Sonne Banteira. Puc hat ihn auf seine eigene Anweisung hin, die Erinnerungen genommen und beginnt damit, diese Backups nach und nach zurückzuspielen. In der Stadt Whya auf Gadomenäa wird der Journalist in der Halle Sternenfall zusammen mit anderen Terranern, hauptsächlich Jugendlichen, von einem Sayporaner begrüßt. Außer dem Sayporaner befinden sich noch andere humanoide Gestalten in der Halle, die Zofen und die Junker. Die offensichtlich künstlichen Geschöpfe kümmern sich um die Ankömmlinge. Die etwa eineinhalb Meter großen mädchenhaften Zofen mit starren Puppengesichtern verteilen heiße Tücher und Getränke an die Terraner. Von den Junkern gibt es weniger als die Zofen. Die Junker präsentieren sich als deutlich über zwei Meter große Roboter aus dunkelgrünem Metall. An der Stelle des Kopfes tragen sie einen transparenten Zylinder, in dem Routh nur ein grünes Wallen erkennen kann.
Von der Hallendecke senken sich blaue Sterne auf die Ankömmlinge und heften sich auf die Stirn. Die Willkommenssterne, so der Sayporaner, seien als Geschenk gedacht. Routh ist misstrauisch und lässt sein Implantmemo den hauchdünnen und nur fingernagelgroßen Stern untersuchen. Puc stellt fest, dass der Stern Einfluss auf Routh nimmt, indem er die Ausschüttung eines Proteohormons namens Oxytocin anregt. Das Hormon entfaltet verschiedene Wirkungen. Es mindert Stress und wirkt beruhigend. Shamsur befiehlt Puc, die Auswirkungen zu neutralisieren. Da der Stern keine Kommunikation mit einer anderen Stelle zu haben scheint, bleibt die Manipulation unentdeckt.
Die Terraner werden auf Ziehväter und Ziehmütter verteilt. Von der Zofe Dindirri wird Routh zu dem Gebäude seines Ziehvaters Chourtaird gebracht. Das Gebäude Nhymoth gehört zur Stadt Whya, die überwiegend aus einzelnen Turmgebäuden, den Daakmoy besteht. Die Türme ragen dabei teilweise bis zu 7000 Meter auf. Ab einer Höhe von mehreren hundert Metern sind die Daakmoy zum Teil über Brücken miteinander verbunden. Über ein Gefährt, das als Wegschale bezeichnet wird, bringt man Routh zu einem der Geschlechtertürme der Patronatswelt, wie Dindirri erläutert. Mit einem Lift wird der Journalist auf eine fast vollständig leere Etage gebracht. Eine eiförmige Konstruktion stellt sein Quartier dar. Ausgestattet mit einem Spender, der Decke und Essen zur Verfügung stellt, lässt man Routh alleine. Bevor er einschläft informiert ihn Puc darüber, dass er weitere Erinnerungen im Schlaf zurückladen wird. Routh wünscht sich, mehr über Puc zu erfahren.
Rückblende: Shamsur Routh reist mit Jaron Peppererg auf der Jagd nach einer Story zum Planeten Pataralon im Patarkon-System. Dort sollen Aras ein Geheimprojekt betreiben. Die beiden Journalisten kommen einem Tierexperiment auf die Spur. Von den Aras und einem Swoon werden Truthähne und Kraniche manipuliert. So soll eine Gehirnprothese entwickelt werden, die sämtliche Gedächtnisinhalte einer Person speichern und vorrätig halten kann. Shamsur und Jaron werden als Versuchskaninchen missbraucht. Beiden wird ein Implantmemo eingepflanzt, dessen organischer Bestandteil aus ihren eigenem Gehirn entnommen wird. Puc betrachtet Routh daher als Großen Bruder. Jaron Peppererg stirbt bei der Prozedur. Und Routh hat seitdem Visionen und Träume von Kranichen.
Shamsur Routh erwacht und hat nun wieder alle Erinnerungen an Puc. Er trifft auf seinen Ziehvater. Chourtaird ist ein Greis und gerade dabei, Kopffüßler in einem Bassin zu füttern. Das Gespräch ist belanglos. Rouths Fragen ignoriert der Alte zumeist. Allerdings hat Chourtaird auch keine Einwände, als Routh sich die Stadt ansehen möchte. Ein Junker teilt Routh mit, dass seine Neuformatierung für den übermorgigen Tag angesetzt sei. Routh beobachtet in einer Etage von Nhymoth eine groteske Zeremonie, auf deren Höhepunkt sich eine Zofe und ein Junker in ein Feuer stürzen und darin verbrennen.
Dann erkundet der Journalist die Stadt. Er beobachtet zwei junge Terranerinnen bei einem Marionettenspiel. Sie zeigen sich abweisend als er sie anspricht. In der Stadt schweben riesenhafte Faltfiguren, die ihn an Origami-Figuren erinnern. Zurück in seinem Daakmoy findet er in einer Etage eine Holo-Darstellung des Systems. Achtzehn Planeten, davon fünf Planeten, die auf gleicher Umlaufbahn die Sonne Banteira umkreisen, der sogenannte Weltenkranz. Das System hat keine Asteroiden. Der Junker Cülibath bezeichnet es als bereinigtes System.
Am nächsten Tag wird Routh in die Ikonische Symphonie von Whya gebracht. Zusammen mit achtzig Terranern nimmt er an der Veranstaltung des Sayporaners Pläccriz teil, der sich als Formatierer bezeichnet. Holoprojektionen vermitteln eine seltsame Geschichte. Während Pläccriz vorgibt die Geschichte der Sayporaner zu vermitteln, zeigen die Projektionen ein Zerrbild der terranischen Geschichte. Insbesondere die negativen Auswüchse der terranischen Geschichte werden verzerrt dargestellt. Mit Entsetzen beobachtet Routh, dass die jungen Terraner beginnen, diese Bilder in sich als „Erinnerungen“ aufzunehmen und dadurch ein gänzlich anderes Bild der Menschheit erhalten.
Puc hat zwischenzeitlich Rouths Tochter Anicee in einer anderen Stadt lokalisiert. Um dorthin zu gelangen benutzt Routh eine Onuudoy, eine fliegende Landschaft mit dem Namen Nebelschlucht. Der Journalist macht dort die Bekanntschaft eines Mannes und eines Jungen. Allerdings kann er nichts über deren Herkunft erfahren. Am Zielort trifft er endlich Anicee. Sie zeigt sich reserviert, weist ihn aber nicht ab. Er darf im Daakmoy übernachten, das auch seine Tochter bewohnt. Puc bekommt Kontakt zu einer seiner Spionsonden, die über das Transitparkett Anicee gefolgt sind. In den Aufzeichnungen sieht Routh, dass seine Tochter einen engeren Kontakt zu einem Terraner namens Benat hat. Es stellt sich heraus, dass Benat bei den Formatierungs-Sitzungen sich hitzige Wortgefechte mit den Sayporanern liefert. Als sich Anicee wieder mit Benat trifft, schickt Routh die Spionsonde hinterher. In der Aufzeichnung des Treffens sieht er, dass sich Anicee und Benat offensichtlich streiten und dann trennen. Benat wird im Anschluss an das Treffen von einer Zofe ermordet. Als der Journalist seine Tochter mit der Geschichte konfrontiert, glaubt sie ihm nicht. Er hat Anicee an die Sayporaner verloren.
Routh kehrt nach Whya zurück. Bei einer weiteren Tour durch die Stadt hat er auf einem freien Platz die Wahrnehmung einer mentalen Präsenz, die Interesse an ihm zeigt. Dem mentalen Sog kann er sich nur mit Pucs Hilfe widersetzen. Er beschließt Chourtaird reinen Wein einzuschenken. Er teilt ihm mit, dass er sich nicht formatieren lassen möchte und dass er seine Tochter retten will. Überraschenderweise will ihm Chourtaird im Rahmen seiner Möglichkeiten helfen. Routh hat jedoch noch ein anderes Problem. Puc teilt ihm mit, dass er psychisch zerrüttet ist und dass seine Zeit als selbstbewusste handelnde Person begrenzt sei. Seine Beobachtungen in der Stadt, das seltsame Ritual, die fremdartige mentale Präsenz, all das könnten Symptome seines fortschreitenden Bewusstseinszerfalls sein.

Rezension:
Einmal mehr hat Wim Vandemaan eine komplexe Geschichte geschrieben mit vielen kleinen Facetten, die eine Zusammenfassung schwierig machen, da nicht immer klar wird, ob die Erlebnisse der Romanfigur lediglich Auswüchse einer übersteigerten Phantasie der Figur oder Einflussnahme von außen sind und für die weitere Handlung von Bedeutung sein könnten.
Eine der absonderlichen Facetten waren die Erlebnisse Rouths auf der fliegenden Landschaft. Die Wahrnehmungen des Protagonisten zu den Schlangen im endlosen Bungalow, der alte Mann und der Junge, das war selbst für meinen Geschmack etwas zu bizarr. Der Autor ist in diesen Szenen zu verspielt und verliert sich in seiner eigenen Bildsymbolik.
Haben mich im letzten Roman von Wim Vandemaan seine Anekdoten über die gesellschaftliche Entwicklung der Terraner und deren Auswüchse fasziniert so muss ich allerdings feststellen, dass mir in der Fortsetzung ein bisschen die Inhalte fehlen, die eine Erklärung dafür bieten, warum die jungen Terraner sich so manipulieren lassen können. Anders ausgedrückt, warum fallen die Jugendlichen auf die Sayporaner herein? Auf der einen Seite ist das noch nicht vollständig ausgereifte Gehirn, das der Autor anführt zwar ein Argument aber keinesfalls kann es als vollständige Begründung herhalten, warum die Jugendlichen so unkritisch sind. Auch die Auswirkungen des Willkommenssterns reichen m.E. nicht aus, um das Verhalten der jungen Menschen zu erklären. Der Auftritt des Terraners Benat zeigt zwar, dass es mindestens 1 Kritiker gibt, aber auch das ist zu wenig, da dem eben viele Tausend andere blindgläubige Jugendliche gegenüberstehen. Sollte es also eine gesellschaftliche Entwicklung der Terraner im 51. Jahrhundert NGZ geben, der die Jugendlichen so anödet, dass sie lieber den Gehirnwäschen Fremder ohne Widerstand entgegentreten, dann wurde diese Fortentwickelung nicht in den Romanen aufgezeigt.
Auch Rouths Entwicklung wird von Wim Vandemaan nicht in letzter Konsequenz beschrieben. Auf der Erde hatte die Figur zwei Seelen. Die eine des Journalisten, die andere des Vaters, der sich um seine Tochter sorgt. Von beiden ist nicht viel übrig geblieben. Zwar lässt der Autor seine Hauptfigur diverse Exkursionen durchführen aber es fehlt die letzte Entschlossenheit, die einen Journalisten auszeichnen sollte, um die Geheimnisse von Gadomenäa aufzudecken. Auch seine Besorgnis um seine Tochter hält sich in Grenzen. Auch hier könnte man anführen, dass der vom Autor völlig überraschend auf der vorletzten Seite eingebrachte Aspekt der psychischen Zerrüttung seiner Figur als Erklärung dienen könnte. Ich hoffe, dass dem nicht so ist und dass in der Fortsetzung die Figur tatsächlich etwas bewirken kann. Es wäre zu begrüßen, denn Routh ist eine der wenigen handelnden Personen in diesem Zyklus. Fällt diese Figur weg, was bleibt dann noch?


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