Perry Rhodan für den Unterricht

Ob es wohl Rhodan-Leser gibt, die über dieses Klett-Leseheft für den Unterricht in das Perryversum eingestiegen sind? Das ca. 170 Seiten starke Taschenbuch im Format 10,4 cm x 17,4 cm ist 1982 von Rainer Siegle und Jürgen Wolff im Klett-Verlag herausgegeben worden. Das Leseheft richtet sich an die Klassenstufen 9 bis 10 und enthält Materialien zur Perry-Rhodan-Serie zusammengestellt von Rolf Kellner. Das TB hat die ISBN 3-12-261080-9.

 

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Das Buch beginnt mit einer kleinen Leseanleitung auf der Umschlaginnenseite.

      Lies bitte den folgenden Perry-Rhodan-Text zügig durch

      Lasse Dich von unbekannten Wörtern nicht lange aufhalten, häufig werden sie wenig später erklärt

      Einige Wörter sind mit einem * versehen. Es handelt sich um Begriffe, die in den Lesehilfen (S. 117) oder in Artikeln des Perry-Rhodan-Lexikons (S. 118) erklärt werden. Nur wenn Du glaubst ohne Erklärung nicht auszukommen, sieh dort nach.

      Wird ein Wort nicht erklärt (hat also keinen *) dann handelt es sich um ein auch heute gebräuchliches Fremdwort, dessen Bedeutung Du in einem normalen Lexikon nachschlagen kannst.

 

Das Leseheft hat folgenden Inhalt:

Unter der Überschrift „Perry Rhodan – Der Erbe des Universums“ finden sich zunächst 2 gekürzte Texte der Heftserie. Es sind die Hefte „Der Computermensch (Nr. 1010)“ und „Angriff der Brutzellen (Nr. 1011)“. Die Romane stammen von Peter Griese. Beide Hefte zusammen wurden etwa auf die Länge eines Heftes zusammengestrichen. Die Auslassungen sind nicht gekennzeichnet. So wurden beispielsweise aus Heft 1010 die ersten Seiten bis ca. Heftseite 18 komplett übernommen, ab da sind dann einige Kapitel ausgelassen worden. Die „Übergänge“ zwischen den Kapiteln wurden z.T. dann minimal umgeschrieben, wohl um den Lesefluss nicht zu stören.

Es folgt ein Abriss der Handlung der Hefte 1 bis 1000. Die eineinhalb TB-Seiten vermitteln jedoch keine speziellen Inhalte. Vielmehr wird kurz erläutert, wie PR auf dem Mond die Arkoniden entdeckt und anschließend die Erde einigt und ins All vorstößt. Es folgen 2 Risszeichnungen aus der Serie, die SOL und ein Stratosphärengleiter und eine weitere RZ des Space Shuttle als „reales“ Gegenstück zu den fiktiven Raumschiffen. Dann gibt es noch Lesehilfen und Worterklärungen und einige Auszüge aus dem PR-Lexikon. Unter „STARDUST“ kann man beispielsweise lesen, dass dies der Name des Raumschiffes ist, mit dem Perry Rhodan und die anderen Genannten 1971 angeblich auf dem Mond landeten. Die Lexikonbeiträge sind z.T. der Ausgabe von 1971 (Nachauflage 1979) entnommen worden. Auch die Personenbeschreibungen zu Perry Rhodan und Julian Tifflor passen nicht mehr zum Stand der abgedruckten Erzählungen, denn Rhodan ist noch Großadministrator und Tifflor Solarmarschall.

Für Kenner der Serie gibt’s natürlich die eine oder andere Ungenauigkeit zu entdecken, dennoch kann man sagen, dass hier recht sauber recherchiert wurde.

 

Unter dem Titel „Materialien“ bringt der zweite größere Block des Leseheftes einige Informationen rund um das Produkt Perry Rhodan. Neben einigen Statistiken zu Auflagen, Erscheinungsweise und Lizenzen gibt’s Wissenswertes zu Merchandising und zum Thema „Wie ein Heft entsteht“. Die beiden letzten Themen sind einer Analyse der Rhodan-Heftserie von Claus Hallmann von 1979 entnommen. In den „Materialien“ finden sich auch Urteile über die PR-Serie aus Sicht des Verlages (entnommen aus einer Verlagsbroschüre von 1980), eines Lesers (Leserbrief aus Heft 1035) und eines Kritikers (E.Barmeyer, Science Fiction, UTB W.Fink 1972).

Auch der Leser wird hier näher beleuchtet. Es gibt Ergebnisse von Umfragen und eine Betrachtung des Fandoms (Text einem Fanzine entnommen). Die Materialien werden abgeschlossen durch „Andere Bilder einer zukünftigen Welt“. Darin sind auszugsweise 2 Texte von Jules Verne und George Orwell. Am Ende stehen dann noch 2 halbwissenschaftliche Texte.

 

Das Leseheft wird ergänzt durch ein Lehrerheft im gleichen Format, geklammert mit 16 Seiten. Das Lehrerheft hat die ISBN 3-12-261082-5.

 

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Das Lehrerheft beginnt mit einer Vorbemerkung. Ein Auszug daraus:

„Die PR-Serie gehört zu der Textkategorie, die als ‚Trivialliteratur‘ bezeichnet wird. Diese Bezeichnung ist nicht glücklich, signalisiert sie doch sehr offen die Minderwertigkeit dieser Literatur; das ist ungut, weil von diesem Urteil auch die ‚Trivialliteratur‘-Leser tangiert werden.

Die Bezeichnung ‚populäre Literatur‘ wäre günstiger, weil sie den positiven Aspekt dieser Literatur hervorhebt: ihre Beliebtheit, ihre weite Verbreitung“. Ende des Auszugs.

 

Des Weiteren werden im Lehrerheft Unterrichtsvorschläge gemacht. Dem Lehrer wird der Vorschlag für einen ‚projektorientierten‘ Unterricht gegeben. Er soll Arbeitsgruppen seiner Schüler bilden, die dann verschiedene Aspekte erörtern sollen. Dazu liefert das Lehrerheft auch verschiedene Arbeitsanregungen. In weiteren Phasen sollen die Arbeitsgruppen von ihren Ergebnissen berichten und es sollen Diskussionen geführt werden.

Zu den Materialien aus dem Leseheft werden dem Lehrer weitere Informationen gegeben. Auch zur ‚Leseanleitung‘ liefert das Lehrerheft einige zusätzliche Hinweise, die es zu beachten gilt. Auch daraus ein Auszug:

„Unbedingt vor der PR-Lektüre durchsprechen. Soll unnötige Frustrationen (und daraus resultierende Aggressionen gegenüber der Lektüre) vermeiden helfen. Wichtig zu betonen, dass nicht jedes Fremd- und Fachwort sinnerschließend ist (im Gegensatz z.B. zu einem naturwissenschaftlichen Text oder philosophischen Text). Gefahr der Ablehnung der Lektüre bei Schülerinnen besonders groß, da nur geringer Teil der Mädchen SF-Anhängerinnen (s. Tabellen III. 1.)“. Ende des Auszugs.

 

Anmerkungen von mir:

Wie schon erwähnt halte ich die Inhalte des Leseheftes für recht gut recherchiert. Es dürfte angesichts der Komplexität des Perryversums und dessen Umfelds ohnehin schwierig gewesen sein, auch schon 1982, eine Auswahl für eine Unterrichtseinheit zu treffen. Vermisst habe ich aber Stellungnahmen des Autors Peter Griese oder anderer Rhodan-Autoren. In dem „Urteil eines Kritikers“ im Leseheft gibt es zwar „Aussagen“ von PR-Autoren aber diese sind sehr alt und aus dem Zusammenhang gerissen. Zudem entstammt der kritische Text einer Zeit Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre, als es noch üblich war die Serie in die Nähe faschistischen oder nationalsozialistischen Gedankenguts zu rücken.

Differenziertere Analysen zum Phänomen Perry Rhodan sind erst später erschienen. Da Bücher für den Unterricht kein „Verfallsdatum“ besitzen, ist es zu hoffen, dass bei einer Auseinandersetzung mit dem Thema Perry Rhodan im heutigen Unterricht dann auch aktuellere Materialien in der Betrachtung mit herangezogen werden.

 


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