Terra muss fallen – Ben Calvin Hary
Auf dem Atlan Space Port in Terrania finden sich einige Würdenträger, Schaulustige und Medienvertreter zusammen, um im Juni 2249 NGZ der nächsten Phase des Projekts Phoenix beizuwohnen. Perry Rhodan, der das Projekt seit über drei Jahrzehnten leitet, will sich hier an Bord der OSIRIS nach Luna begeben, um zur feierlichen Taufe des PHOENIX eine Rede zu halten. Unweit der Veranstaltung steht ein Geisterschiff, wie es in Terrania genannt wird. Die Besatzung der ELDA-RON, die sich als Leun bezeichnen. hat um Asyl gebeten. Dies wurde nach einer Untersuchung gewährt. Doch verlassen hat die Besatzung ihr Schiff, das mehr einem Wrack gleicht, in all den Jahren nicht. Rhodan fällt auch ein junger Mann auf. Zusammen mit seiner Freundin Lyta, die die Kamera bedient, hat der Trividder es in den abgesperrten Bereich geschafft, obwohl er keine Akkreditierung besitzt. Rhodan gefällt der junge Mann, der sich als Cameron Rioz vorstellt und er gibt ihm ein Interview.
Eine Explosion an der ELDA-RON unterbricht die Veranstaltung. Weitere Explosionen folgen. Es gibt nur einen Verletzten aber der Festakt ist vorbei. Rhodan hat die Reaktion von Cameron und Lyta beeindruckt, die nicht auf Show aus waren, sondern sofort Hilfe geleistet haben. Er besorgt ihnen eine Akkreditierung für den PHOENIX-Festakt auf Luna und nimmt sie mit. Rhodan fällt noch ein eiförmiger Container unter der ELDA-RON auf, der vorher nicht da war. Dann startet die OSIRIS nach Luna.
Auf der ELDA-RON ist die Leun Shrell wütend. Zwar wurde das erste „Geschenk“ ausgeliefert, womit Terras Ende seinen Anfang nimmt, doch die Explosionen waren nicht vorgesehen. Der Fiktivtransmitter braucht zu viel Energie und die anfällige Energieversorgung des Schiffes hat nachgegeben. Bonnifer, der zweite Leun An Bord, tut sein Bestes, um die Reparaturen voranzubringen. Er ist Shrells Gefangener und ihr hilflos ausgeliefert.
Der PHOENIX, Prototyp einer neuen Raumschiffsgeneration von Fernraumschiffen für das Projekt San, liegt in einer Werft außerhalb des Kopernikus-Kraters, wo sich Luna-City und NATHAN befinden. Das Schiff hat die Form eines gestreckten Edelsteins, 160 Meter lang und 45 Meter breit. Zwei nach vorn geschwungene Tragflächen und vier Heckflossen ragen aus dem Rumpf. Die Ingenieurin Dr. Liam Barstow gilt als die Mutter des PHOENIX. Das Schiff besitzt ein künstliches Bewusstsein, geschaffen von dem Positroniker Zhobotter. Der Ara leidet nach einem Unfall an einem Mangel an Emotionen. Phoenix selbst zeigt sich als Avatar in Form eines goldroten Vogels, farblich passend zur Schiffshülle. Das Schiff kommt ohne Linearantrieb aus. Der verbesserte Hypertrans-Progressor erlaubt innerhalb einer Galaxis einen ÜL-Faktor von 2,5 Millionen, außerhalb von 400 Millionen. Die Reichweite liegt bei 70 Millionen Lichtjahren.
Als Perry Rhodan seine Rede halten will, überstürzen sich die Ereignisse. Die ELDA-RON startet von der Erde und bezieht Position über der PHOENIX-Werft. Funkanrufe werden nicht beantwortet. Eine unbekannte Energieemission wird angemessen. Der Kontakt zu NATHAN bricht ab und Perry Rhodan wird von einem Fiktivtransmitter in die ELDA-RON transportiert. Shrell konfrontiert Perry Rhodan mit einer unglaublichen Forderung. Ein Usurpator hat den Sternwürfel an sich gerissen und das Volk der Leun versklavt. Rhodan soll den Usurpator, der für Shrell unerreichbar ist, töten. Er hat vier Jahre Zeit dafür. Der Usurpator ist ein Terraner. Sein Name … Reginald Bull!
Shrell musste warten, bis die Terraner ein Fernraumschiff entwickelt haben. Da das Ziel, ein Sternenband namens Agolei, außerhalb der Reichweite des PHOENIX liegt, bekommt Perry Rhodan die Mittel zur Reichweitenerhöhung des PHOENIX sowie die Koordinaten der Agolei. Rhodan gelingt die Flucht von der ELDA-RON und Shrell entfacht das brennende Nichts. Im Kopernikus-Krater, in Terrania und in Neu-Atlantis entstehen Zonen, die alles verschlingen und die sich langsam ausbreiten. NATHAN verschwindet darin. Cameron Rioz muss hilflos mit ansehen, wie seine Freundin Lyta sich auflöst. Als er nach ihr greifen will, verliert er die rechte Hand. Ein Mal bleibt zurück und er glaubt Stimmen zu hören. Auf Terra verliert er zudem seine Eltern. Da er der einzige Mensch ist, der bei der Berührung mit dem brennenden Nichts nicht vollständig aufgelöst wurde, ist er für die Menschheit sehr wichtig geworden. Er wird in die Solare Residenz gebracht. Aber auch hier schlägt Shrell zu und bringt die Stahlorchidee zum Absturz. Perry Rhodan verliert den Kontakt zu Cameron und die ELDA-RON kann sich dem Zugriff der Flotte entziehen.
Rezension
Und weiter geht es. PHOENIX heißt der neue Zyklus, wird 50 Bände umfassen und Ben Calvin Hary hat als neuer Exposé-Autor die Inhalte konzipiert. Auf der Homepage des Verlags heißt es zum PHOENIX-Zyklus:
„Nach 3300 Wochen erfindet sich die älteste laufende Science Fiction-Serie der Welt neu.“
Eine solche Ankündigung wirft einige Fragen auf. Beispielsweise die, warum sich die Serie neu erfindet? Und muss sie das überhaupt? Und wenn sie sich neu erfindet, worin liegen die Unterschiede zur bisherigen Serie? Der Hinweis, dass es die „älteste“ laufende SF-Serie ist, mag schon einen Teil der Antwort liefern. Geht es um eine Frischzellenkur? Soll die Serie verjüngt werden? Oder sollen vielmehr die Leser verjüngt werden? Es ist schließlich kein Geheimnis, dass die Leserschaft mit der Serie gealtert ist. Doch wie soll das gelingen, ein jüngeres Publikum zu gewinnen und die alten nicht zu verprellen? Überhaupt Leser zu generieren ist schwer in diesen Zeiten. Science Fiction läuft schon seit Jahren nicht mehr so gut in Deutschland. Das Format als Heftchenserie ist zudem ein Anachronismus. Und wie macht man potentielle (junge) Leser auf das Produkt Perry Rhodan aufmerksam? Seit Jahren wird diese Diskussion geführt. Die Serie leidet unter einem Wahrnehmungsproblem. Einen Film gibt es nicht und große Werbung kann sich der Verlag wohl auch nicht leisten. Es bleibt bei (bescheidenen) Auftritten in den Sozialen Medien. Die Redaktion präsentiert das Produkt Perry Rhodan verstärkt mit modernen Videoclips auf Youtube und in Facebook und Co. Doch auch darauf müssen potentielle Leser erstmal aufmerksam werden. So sehen die Clips doch meist nur die Stammleser, die sich über die Plattformen informieren, was aktuell so läuft in der Serie.
Das Heftchenformat kann man darüber wohl nur den wenigsten schmackhaft machen und formatübergreifend fehlt es an Werbung. Wobei …, dem E-Book oder dem Hörbuch sieht man das Format nicht an. Dem Leser oder Hörer sollte es also egal sein, wenn er gute Geschichten in diesen beiden Formaten angeboten bekommt. Allerdings schreckt die Serie auch ab. Die Nummer 3300 ist eine stolze Zahl und ein scheinbar unüberwindliches Hindernis. Zumindest in den ersten Kapiteln des Jubiläumsbandes trägt der Autor diesem Umstand Rechnung und findet einen Einstieg, der es Neulesern erlauben soll, in die Handlung dieses unglaublich großen Serienkosmos einzusteigen. Der Roman enthält zudem einen bebilderten farblichen Innenteil, der die wichtigsten Seriencharaktere illustriert. Mehr noch, es werden auch neue Figuren, nämlich die, die zur Besatzung des PHOENIX gehören, abgebildet. Hier meine ich zu erkennen, dass man sich dabei durchaus von anderen Serie hat inspirieren lassen. Das ist keine Kritik, denn eigentlich ist das Perryversum derart umfangreich, dass es zu jeder Figur in anderen Serien schon längst eine passende Figur in Perry Rhodan gegeben hat. Dennoch, die Ingenieurin Liam Barstow erinnert mich an die tolle Darstellerin und charakterstarke Michelle Yeoh, die Ärztin Meghan Ontares an Jess Bush, der Darstellerin von Christine Chapel in ST Strange New Worlds. Und emotionslose Figuren kommen mir auch irgendwie bekannt vor. Es scheint eine logische Entscheidung gewesen zu sein, diese Crew zusammenzustellen. 😉
Im Infotransmitter von Anfang Februar 2024 ist ein kurzes Interview mit Ben Calvin Hary enthalten. Darin äußert er, dass sich der Zyklus von den zuletzt erschienenen unterscheiden wird – weil er nun mal nicht Wim Vandemaan sei und auf andere Weise andere Geschichten erzählt. Um den neuen Zyklus daraufhin zu untersuchen, wie er sich von den Zyklen, die Vandemaan konzipiert hat, unterscheidet, müsste man zunächst untersuchen, wie Vandemaan seine Geschichten erzählt. Der frühere Exposé-Autor der Serie hat immer betont, ein Schlussbild des Zyklus im Kopf zu haben, auf den er die Geschichten zulaufen lässt. Atlan am See der Fauthen oder zuletzt das Haus von ES, um zwei Beispiele zu nennen. Das sind starke Bilder, die einen Widerhall erzeugen. Allerdings habe ich auch den Eindruck und habe es hier im Blog auch mehrfach geschrieben, dass der Weg zu diesem Schlussbild hin und wieder zittrig ausfiel und den Lebenswegen von Figuren nicht immer die Aufmerksamkeit geschenkt wurde, um darüber die Leser emotional zu binden. Auch wurden zu viele Fässer geöffnet, so dass wichtige Hinweise zum Handlungsfortschritt leicht übersehen werden konnten.
Aus dem ersten Roman dieses Zyklus lässt sich naturgemäß noch nicht herauslesen, inwieweit sich Harys Weise, Geschichten zu erzählen, von seinem Vorgänger unterscheidet. Das kann man erst nach Abschluss des PHOENIX-Zyklus sagen. Vielleicht ist aber die Konzeption von 50 Bänden statt der üblichen 100 schon ein Hinweis auf eine Verdichtung der Hauptstory. Die Reduktion auf ein kleines Schiff mit geringer Besatzungsstärke könnte ebenfalls der Fokussierung auf Figuren dienen.
Der erste Band selbst hat mir gut gefallen. Ben Calvin Hary schafft eine schnörkellose Geschichte mit interessanten Figuren und nachvollziehbaren Emotionen. Zugegeben, es wird das übliche Bedrohungsszenario aufgemacht. Auch die Motive der Antagonistin, das brennende Nichts zu entzünden, bedürfen noch einer Erklärung. Üblicherweise besteht die Rolle des Antagonisten ganz allgemein darin, die Handlungsabsichten des Protagonisten zu durchkreuzen. Shrell hingegen „ermuntert“ Perry Rhodan, eine bestimmte Handlung auszuführen. Die Mittel, die sie einsetzt, erscheinen überzogen. Aber wir werden sehen. Das wichtigste Kriterium für Spannungsliteratur wird auch erfüllt. Ich will wissen, wie es weitergeht.