Der Gott der hässlichen Dinge – Wim Vandemaan
Der Transrezeptor bringt Gucky, Shinae und Shandasar Parpandum wie gewünscht auf die sich im Hypertrans-Progressormodus befindliche RAS TSCHUBAI. Doch auch der Parapartizipierer Danou Shinshid und Stätter haben die Reise mitgemacht. In einem Hangar des Riesenraumers kommen sie an und Shinshid und Stätter ergreifen sofort die Flucht, bevor ANANSI den Raum abriegeln kann. Gucky bringt Farye Sepheroa, Icho Tolot, Donn Yaradua und Shema Ghessow auf den Stand der Dinge. Und der bedeutet, dass Shinae unter allen Umständen geschützt werden muss. Shema Ghessow übernimmt diesen Schutz in einem Hochsicherheitstrakt. In der RAS TSCHUBAI läuft die Fahndung nach den beiden Eindringlingen. Sicherheitschef Donn Yaradua fordert zwei USO-Agenten an. Lordadmiral Monkey hat die beiden als Nothelfer empfohlen. Nun werden der Kamashite Anatol Typarian und der Skryll Orrito Gun in den Einsatz geschickt. Die beiden bilden ein besonderes Gespann.
Die Agenten bekommen sogleich einen Eindruck, mit was sie es zu tun haben. Stätter hat Funknachrichten an Posbis an Bord gerichtet. Und bei etwa 150 von ihnen, Modelle, die seit Jahrtausenden existieren, den Altvorderen, lösen die Funksprüche eine Direktive aus. Die Posbis werden zu Rebellen und greifen verschiedene Einrichtungen an Bord an. Abgesehen haben sie es auf den Hypertrans-Progressor, die RA und den Transrezeptor. Typarian und der Skryll werden in einen Kampf mit einem Trupp dieser Posbi-Rebellen gezogen. Während die Verteidigung des Schiffes von den Angriffen der Posbis gebunden wird, dringen Danou Shinshid und Stätter direkt zum Bordgehirn vor. Der Parapartizipierer ist durch die Aktion zunächst bewusstlos, aber Stätter, Produkt einer Superintelligenz, startet einen Angriff auf ANANSI. Die Semitronik kann den Angriffen standhalten. Doch wie lange? Da Stätter sein Ziel nicht sofort erreichen kann, kommen die beiden maschinellen Intelligenzen ins Gespräch.
ANANSI erhält einen Einblick in Stätters Historie. Der Roboter unterhält eine besondere Beziehung zu Posbis. Er erhält vom Wanderer eines Tages den Auftrag, einen Unort zu besuchen. Superintelligenzen hätten sich mit einer Theorie befasst. Der Theorie des so genannten Hyporaums. Und das es möglicherweise jemanden gäbe, der diesen Raum befahrbar gemacht hat. Nun soll Stätter diesen Ort aufsuchen, den man auch eine Kluft nennt. Stätter dringt in diesen Abgrund von allem vor. Ohne Raum und ohne Zeit. Und trifft dort Kmossen. Sie treten in Kontakt. Und nach geraumer Zeit horcht Stätter in sich und stellt fest, dass das höchste der Gefühle, dass er je empfunden hat, der des Wechsels der Loyalität ist. Kmossen bittet den Roboter nun um Ideen. Stätter lässt sich nicht lange bitten. ES soll von seinem Irrweg abgebracht werden, indem man ES in die Irre leitet.
Stätter legt offen, dass ES sich nicht einfach zusammensetzen wird. ES wird eine Re-Genese durchlaufen. ES wird als etwas Neues entstehen. Die Re-Genese ist keine Reparatur, sondern ein Jungbrunnen. Und Stätter will diese Re-Genese unterbinden. ES war auf dem Weg zu einer polyversalen Existenz und hat zum Missfallen der Kosmokraten einen anderen Weg eingeschlagen. Und sich durch die Fragmentierung aller Verantwortung entzogen. Stätter hat sich von ES abgewendet. Er will über eine Zeitreise die Scherung rückgängig machen, damit das alte ES wiederentdeckt werden kann. An Bord der RAS TSCHUBAI gäbe es die Voraussetzungen dazu. Die besondere Schiffshülle, die Semitronik, zwei Zellaktivatoren und einiges mehr. Er will in ein zeitgegenläufiges Universum vorstoßen und darüber in die Zeit vor der Scherung gelangen. Er fordert ANANSIS Loyalität für seinen Plan.
ANANSI lehnt ab. Den wieder erwachenden Danou Shinshid kann die Semitronik nicht aufhalten. Der Parapartizipierer dringt zu Shema Ghessow und Shinae vor. Er partizipiert an den Kräften der Deponentin. Mehr noch. Durch seine vorher aufgenommenen Kräfte kann er Shemas Fähigkeiten übertrumpfen. Er entführt Shinae und die Mutantin in ein besonderes Raum-Zeit-Konglomerat. Nun schlägt die Stunde der beiden USO-Agenten. Der Kamashite ist parataub, aber Orrito Gun hat die Zerogabe. Er annihiliert die Parakraft, die Shinshid eingesetzt hat und bringt sie alle zurück in den Hochsicherheitstrakt. Dort wird der Parapartizipierer von TARAS getötet. Der Skryll stirbt bei der Aktion.
Stätter kann in Gewahrsam genommen werden. Er muss die RAS TSCHUBAI im Leerraum verlassen. Das Schiff, das er erhalten hat, explodiert. Die RAS TSCHUBAI erreicht schließlich die Milchstraße.
Rezension
Der Roman von Wim Vandemaan hätte durchaus auch einen anderen Titel tragen können. Bspw. „Der Gott des Zufalls“ oder „Wenn Maschinen Märchen erzählen“
Der Autor steigt (noch) schnörkellos in seine Geschichte ein. Der Transrezeptor bringt Gucky und Co. inkl. der blinden Passagiere auf die RAS TSCHUBAI. ANANSI und alle anderen lässt der Autor vorbildlich reagieren. Sicherheitsalarm wird ausgelöst. Doch die Abschirmung des Hangars kann den Parapartizipierer nicht aufhalten. Er entwischt mit Stätter. In der Folge dieses Geschehens schildert der Autor die Maßnahmen, die von der Schiffsführung und vom Bordgehirn ergriffen werden, um Schiff und Besatzung zu schützen. Wim Vandemaan lässt sich dazu einiges einfallen. Zunächst nimmt er die Besatzung aus dem Spiel. Es inszeniert ein Duell zwischen ANANSI und den von ihr, bzw. Yaradua befehligten Robotern gegen die Eindringlinge. Mit hochsensiblen Sensoren sucht die Semitronik nach der Schildkröte und dem ES-Roboter. Auch hier schöpft die Geschichte aus einem Detailreichtum, den ähnliche Geschichten in der Vergangenheit vermissen lassen.
In diese präzise beschriebene Lage mischt der Autor nun Kapitel, die die nüchternen, militärischen und technischen Abläufe allerdings nun durchbrechen. Erst langsam, dann immer betonter, wird aus dem Schlagabtausch eine Spielwiese für Absonderlichkeiten. Der Autor schickt die Posbis ins Rennen. Diese Figuren sind seit Beginn der Serie ein Hort von Skurrilitäten. Neben baulichen Eigentümlichkeiten sind es auch Marotten, die diese Roboter an den Tag legen und den Geschichten einen zuweilen bizarren Humor verleihen. Einige der Posbis sind uralt und Stätter, der eine Obsession an den Robotern hat, legt im Laufe dieser Geschichte dar, dass er einige manipuliert hat. Diese Manipulation wird nun ausgenutzt, um die Schiffsführung vom eigentlichen Geschehen abzulenken. Die beiden Eindringlinge haben es auf ANANSI abgesehen und natürlich auf Shinae. Stätter, selbst eine Maschine, tritt gegen die Semitronik an. Shinshid greift Shema Ghessow an, die Bewacherin von Shinae.
Der Autor nimmt auch weitestgehend die Schiffsführung, sowie Gucky aus der Geschichte. Das war notwendig, denn allzu viele Figuren wären hinderlich geworden. Bei den Posbis übertreibt es Vandemaan etwas. Trotz des zuweilen trockenen Humors, den die Kapitel mit den Posbis beinhalteten, verströmte die Geschichte doch bis über die Halbzeit hinaus einen eher pessimistischen Grundton. Als Leser wusste ich lange nicht, wie die Geschichte enden würde. Diese Unvorhersehbarkeit bewerte ich allerdings positiv. Nur schien mir der Gegner in seinen Plänen wieder einmal bestens aufgestellt. Ein bisschen zu gut aufgestellt, denn dass Stätter und der Parapartizipierer an Bord der RAS TSCHUBAI gelangen konnten, dürften die beiden sicherlich nicht in der Planung gehabt haben.
Als leichte Unterhaltung kann man den neuen Roman des Exposé-Autors nicht bezeichnen. Er setzt geschickt Reize, um das Interesse des Lesers wachzuhalten, neigt dazwischen aber auch zu Beschreibungen und Dialogen, deren Sinn sich nicht sofort erschließen. Ich mache mir eine Reaktion der Figur Stätter zu eigen, als dieser eine verworrene Aussage des Orakels auf Wanderer mit der Antwort quittiert: „Das habe ich mir auch schon einmal gedacht.“
Dem Duell zwischen ANANSI und Stätter mischt der Autor die Historie des Roboters bei. Diese Einspieler erzählen eine kleine Geschichte, die den Werdegang, die Begegnung mit Kmossen und die Motive des Roboters beleuchten. Auch hier setzt der Autor zunächst auf das Element der Irreführung. Das zentrale Element dieses Zyklus, wer hat wen in die Irre geführt, kommt auch hier zum Ausdruck. Denn Stätter lässt gegenüber ANANSI die Bemerkung fallen, er hätte Kmossen die Idee eingepflanzt, ES irrezuführen. Später dann beleuchtet Vandemaan dieses Geschehen noch einmal. Und da liest es sich anders. Kmossen beeinflusst Stätter, bis dieser die Loyalität wechselt. Als Kmossen ihn auffordert, ihn mit Ideen zu beliefern, ist es nicht Stätters Idee, sondern die Idee, die ihm Kmossen quasi aufgedrängt hat. Kmossen hat sich ein Werkzeug von ES zu eigen gemacht.
Diese Beschreibungen von Vergangenheit und Gegenwart, Realität und Fiktion machten den besonderen Reiz des Romans aus. Und natürlich Vandemaans Begabung, Ereignisse und Dialoge verzerrt darzustellen, sie von einem realistischen Denken abweichen zu lassen und viele Ereignisse auf eine amüsante und verdrehte Weise skurril wirken zu lassen.
Bleiben noch zwei Elemente, die ich an den Schluss stelle. Für den Parapartizipierer wird mit der Zerogabe des Skrylls, eine Figur, die der Autor erst für diesen Roman aus dem Hut zaubert, genau die passende Lösung zelebriert. Sowas nervt mich. Der Gott des Zufalls!
Bleibt noch darüber nachzudenken, wer der Held der Geschichte ist? Ist es der Skryll, ist es ANANSI oder eine andere Figur?