Nekrolog – von Ben Calvin Hary
Caysey ist mit dem Speicherkristall in die Vergangenheit gereist. Entsetzt muss sie feststellen, dass der Zeitsprung viel zu kurz war. Ihr bleiben nur 35 Minuten, bevor Tolcai das Talagon öffnet. Die Zeitzwillinge von Perry Rhodan und Sichu Dorksteiger erhalten sonst nicht mehr die wertvollen Informationen aus der Zukunft.
Caysey Aktivitäten bleiben nicht unbemerkt. An Bord der STRAHLKRAFT erkennt Tolcai mit seinem AUGE, dass seine Gegner eine Agentin durch die Zeit geschickt haben. Er gibt Anweisung an Logan Darc, Cayseys Auslesen des Speicherkristalls zu sabotieren. Der Commo’Dyr ist in einem Gewissenskonflikt. Seiner Programmierung nach ist er dem Herrn des Schiffes zu absoluter Loyalität verpflichtet. Aber er hat schon in der Vergangenheit die eine oder andere Intrige durchgeführt.
Während die Zeitzwillinge von Perry Rhodan und Sichu Dorksteiger auf Tolcai zufliegen, erleben sie Déjà-vus. Winzige Fragmente von Erinnerungen aus der Zukunft vereinen sich mit ihnen. Rhodan hat keine Erklärung. Er ändert aber spontan seine Vorgehensweise. Caysey hat inzwischen die STRAHLKRAFT kontaktiert. Das Schiff gibt das Gespräch weiter an Logan Darc. Der hat die ÜBSEF-Fragmente auf dem Speicherkristall entdeckt. Nach langem Zögern handelt der Zwergandroide.
Die Geschehnisse laufen nun zwar anders ab, als in der Zeitlinie davor. Dennoch können Rhodan und seine Begleiter das Öffnen des Talagons wieder nicht verhindern. Hier schreitet nun RCO-3342/B ein. Der Roboter reißt seinem Herrn das AUGE aus dem Schädel. Die Energiequelle des Auges bewirkt die Neutralisierung der Nukleotiden Pest. Die Katastrophe wird verhindert. Beim Verlust des AUGES geht ein Quant von Tolcais ÜBSEF-Konstante auf RCO über. De Roboter wird zu etwas Neuem. RCO erkennt das selbst und Rhodan gibt ihm spontan den Namen Rico.
Atlan erscheint mit einer großen Flotte und kann nur mühsam davon abgehalten werden, gegen die STRAHLKRAFT loszuschlagen. Der frühere Kommandant des Schiffes, Tolcais Vorgänger Tuun Yomorikon erscheint als Geist und bedeutet Rhodan in seine Zeit zurückkehren zu können. Atlan erhält Kenntnis von Rhodans wahrer Identität und der Zeitreise. Caysey nimmt Abschied von ihrem Dorf. Sie will mit Rowena, Perry und Sichu in die Zukunft reisen. Am Zeitportal kann der junge Atlan einen Blick auf seinen verletzten älteren Ich in der Zukunft werfen. Eine unbekannte Gestalt ist über seinem späteren Selbst gebeugt. Als die Verbindung hergestellt ist, kommt die Gestalt durch den Zeittransmitter. Es ist Joshiron. Und er hat ein rotes und ein schwarzes Auge. Der junge Takerer macht einige kryptische Aussagen. Unter anderem bedeutet er Caysey und Rowena, dass ihre Aufgaben in der Vergangenheit erfüllt seien und sie in die Zukunft reisen dürfen. Joshiron heilt den späteren Atlan durch Handauflegen und gibt Quartam seinen ursprünglichen Körper wieder. Joshiron ist 13000 Jahre zurückgereist und bedankt sich für seine Läuterung. Das Tor wird abgebaut, sobald Rhodan und die anderen in ihre Zeit zurückgekehrt sind. Dann verschwindet Joshiron per distanzlosen Schritt.
Atlans Erinnerung an die Ereignisse wird im Tiefschlafbehälter und Hypnoschulungsbehältern der Kuppel gelöscht. Der Arkonide bekommt somit fünf Jahre vor seinem endgültigen Einzug in die Tiefseekuppel einen Vorgeschmack. Rhodan, Dorksteiger, Rowena und Caysey mit ihrem Baby reisen in die Zukunft.
Rezension
Finale der Atlantis-Miniserie. Wir erinnern uns. Der Plan sah vor, dass die ÜBSEF-Konstanten von Perry und Sichu extrahiert und auf einen Speicherkristall übertragen wurden. Diesen Speicher sollte Caysey in die Vergangenheit tragen und die Inhalte von der Positronik freigeben lassen. Im Vorgängerroman beobachtet Rhodan Caysey und hofft, dass sie ihren Auftrag erfüllt, während er sich fragt, wie es sich anfühlt, wenn seine ÜBSEF extrahiert wird. Er also sterben wird. Rhodan hat dann keine Zeit mehr, sich mit Caysey zu beschäftigen, denn der junge Joshiron will durch das Zeitreiseportal und Rhodan muss ihn aufhalten. Sie kämpfen. Derweil ist der Speicherkristall schon gar nicht mehr in der Positronik. Caysey findet ihn unter dem Körper von Quartam. Rhodans ÜBSEF konnte gar nicht mehr extrahiert und auf dem Kristall gespeichert werden. Als Caysey durchs Tor geht, sieht sie eine Spiralgalaxie. Ihre letzte Beobachtung ist also, dass Rhodan stirbt. Seine ÜBSEF ist daher nicht auf dem Speicherkristall.
Den Autor freilich kümmert das nicht. In diesem Roman hat alles so geklappt, wie es geplant war. Leider wurde es nur nicht so geschrieben. Autor Ben Calvin Hary bringt die Serie, die er auch als Exposé-Autor betreut hat, dennoch zu einem Ende. Seine Figur Perry Rhodan schwankt zwischen Selbstzweifeln („Was tun wir hier überhaupt?“) und Déjà-vus durch die Handlung. Die Selbstzweifel der Figur wären schon deutlich früher in der Serie angebracht gewesen. Denn Rhodan kann die Geschehnisse nur selten in seinem Sinne beeinflussen. Der Gang durch die Zeit ist seine Entscheidung. Danach tut sich der berühmte Sofortumschalter ein ums andere Mal schwer. Die Geschichte mit Rowena, seiner ärgsten Verfolgerin, die er immer wieder laufen lässt, statt die Dinge zu klären, ist einer seiner Fehler. Ab dem Zeitpunkt des Auftauchens Tolcais mit der STRAHLKRAFT ist der Unsterbliche abgemeldet. Er gewinnt das eine oder andere Scharmützel aber er hat keinen Plan, wie er Tolcai besiegen kann. Stattdessen liefert er ihm auch noch das Talagon frei Haus. Auch hier hatte die Figur (oder die Autoren) unendlich viel Zeit damit verschwendet, Caysey nicht nach dem Versteck des Talagons zu fragen. Der Plan, der hier im Finale umgesetzt wird, stammt auch noch von Blaue-Pille-Quartam. Was für die Serie schon richtig peinlich ist, dass nur durch die Blaue Pille es überhaupt zu einem Plan kommt.
Lässt man nun diverse Fehler und diese Deus ex machina einfach außer Acht, ergibt sich im zwölften Band immerhin ein interessantes Geschehen. Rhodan erlebt Déjà-vus. Er selbst und auch neutrale Beobachter sehen ein geändertes Verhalten gegenüber den ersten Ereignissen. Das war interessant geschrieben und hätte noch mehr Wirkung entfaltet, wenn es noch subtiler in die Handlung eingebaut worden wäre.
Caysey, die nette Atlanterin, ist Hauptakteurin. In ihren Gedanken und Überlegungen ist sie gereift. Dennoch sind einige der Handlungen, die sie vollzieht, nicht glaubhaft. Ihre Überlegungen zur Torintelligenz und zu Algorithmen sind schon abgehoben. Caysey bedient dann eben mal nach zahlreichen Versuchen auch das Hyperfunkterminal richtig. Mit dem Ergebnis, dass die STRAHLKRAFT ihren Anruf erwartet hat. Die Figur hat vieles an der Seite von Perry Rhodan und Sichu Dorksteiger erlebt. Das heißt aber nicht, dass ihre Auffassungsgabe deren Wissen oder Kenntnisse soweit verinnerlicht hat, wie es der Autor hier stellenweise ausführt. Dennoch ist Caysey die Sympathieträgerin der Serie und die mit Abstand am besten charakterisierte Figur.
Was ist mit Atlan? Dessen Gedächtnislöschung wirkt wenig durchdacht. Alle anderen seiner Wegbegleiter dürfen sich erinnern. Von den positronischen Aufzeichnungen der Raumschiffe ganz zu schweigen. Oder zaubert der Autor hier einen Posizid herbei?
Einer guten ersten Halbzeit folgte eine zweite Halbzeit der Serie mit vielen Showeinlagen und Effekten. Im Finale kann der Autor die Schwächen der Serie, die sich insbesondere im kosmischen Part der Serie auftaten, nicht mehr auffangen. Er will es auch gar nicht. Er schreibt, dass schon normale Zeitreisen mit Logikwirrungen daherkommen, die einem normalen Menschen das Hirn zerbröckeln konnten. Waren hingegen Hohe Mächte beteiligt, konnte man die verbliebenen Regeln des Determinismus anscheinend gleich ruhigen Gewissens aus dem Fenster kippen.
Konjunktiv ist das nicht mehr. Der Autor kippt die Regeln aus dem Fenster und macht deutlich, dass er an nachvollziehbaren Lösungen kein Interesse hat. Er überlässt es auch hier den Lesern, mit seinen Ausführungen zurechtzukommen. Am Ende erledigt Joshiron mit ein bisschen Handwedeln den Rest und die Serie ist zu Ende.
Ich kann die Serie nicht empfehlen. Ich bin froh, damit endlich durch zu sein.