Ansichten zu Perry Rhodan Heft 3093

NATHAN – von Christian Montillon / Susan Schwartz

Terra und Luna sind unterwegs. Der Rücktransfer in den angestammten Zweig des Dyoversums soll vier Tage in Anspruch nehmen. Am zweiten Tag treten Phänomene auf, die bei der ersten Versetzung der Erde vor Jahrhunderten nicht dokumentiert wurden. Ein immer dichter werdender Nebel bildet sich um Terra und Luna und es treten Erdbeben auf. Anzu Gotjian bemerkt auch an sich selbst Veränderungen. Ihre erst unlängst geweckte Psi-Fähigkeit, die sie feste Materie durchdringen ließ, ist zunächst verschwunden. Später wandelt sich ihre Fähigkeit hin zu einer Telekinetin. Auch diese Fähigkeit wird durch eine andere abgelöst. NATHAN bittet Rhodan um einen Besuch. Mit einigen Begleitern wagt der Unsterbliche den gefährlichen Flug zum irdischen Mond. Es treten retrochrone Phänomene auf. Terra und Luna stürzen in Richtung Protozeit. NATHAN offenbart ein uraltes Programm, das von ES in ihm hinterlegt wurde. Das Programm ist für den Notfall gedacht. Die ursprüngliche Aufgabe des Transferantriebs in Terra war es, die Flucht der Erde zu ermöglichen. Eine Rückkehr war nicht geplant. Mit den Daten aus dem Staubkonzess, den Perry Rhodan noch trägt, versucht NATHAN den Rücktransfer zu beeinflussen. Ein Leuchtfeuer soll dabei unterstützen.

Zur gleichen Zeit (möglichweise auch früher oder später, wer weiß das schon genau) ist die RAS TSCHUBAI auf dem Rückflug zur Milchstraße. 110 Millionen Lichtjahre vor dem Ziel erkennt zunächst Icho Tolot, dass sich beim Anblick der Milchstraße eine Unschärfe ergibt. Nahe der besonders modifizierten Außenhülle des Schiffes, kann zunächst nur der Haluter die Abweichung erkennen. Aber auch Gry O’Shannon bestätigt das Phänomen. Noch näher an der Milchstraße spitzen sich die Ereignisse zu. Etwas nähert sich der RAS TSCHUBAI und das Schiff löst sich auf.

Dann überschlagen sich die Ereignisse. Terra und Luna kehren zurück und auch die RAS TSCHUBAI landet im Solsystem. Die Cairaner werden überrascht und verlassen fluchtartig das Sonnensystem. Perry Rhodan wendet sich mit einer Rede an die Bewohner der Milchstraße. Das Terranische Odium erlischt. Es war Teil des Fluchtplans der Staubfürsten. Wer sich nicht an die Flüchtenden erinnert, wird sie auch nicht verfolgen, so die ursprüngliche Aufgabe des Effekts. Doch nun können sich alle in der Milchstraße wieder an Terra erinnern. NATHAN stellt seine Daten uneingeschränkt zur Verfügung.

Rezension

Christian Montillon und Susan Schwartz beenden den letzten Band dieses „Vierers“ mit der Rückkehr von Terra und Luna an den alten Platz. Und auch die RAS TSCHUBAI kehrt zurück. Eine kunterbunte, mit chaotischen Elementen operierende Geschichte, die von dem Autoren-Duo da geschrieben wurde. Auf wundersame Weise werden am Ende viele Elemente trotz ihrer chaotischen Struktur aneinandergefügt.

Zur Halbzeit des Zyklus schrieb ich zu Heft 3051, dass es mich nicht überraschen würde, wenn ES mal wieder einen Langzeitplan lanciert hätte. Der andere Zweig des Dyoversums nimmt die Rolle eines sicheren Refugiums ein. Gleichwohl hatte ich die Hoffnung auf eine andere Auflösung. In diesem Roman bleibt unklar, ob die Idee, in Terra eine Maschine zu platzieren, von ES oder den Staubfürsten kam. Letztere, so die Aussage dieses Romans, haben das Terranische Odium genutzt, die Erinnerung an die Geflüchteten verblassen zu lassen. Und ES hat zumindest ein Programm installiert, das Terra die Rückkehr ermöglicht. Ein kompliziertes Programm, denn es baut auf unglaublichen Zufällen auf. Alleine die Rolle von Gry O’Shannon, die mit Planeten jongliert, ist eines der Elemente, die ich unter chaotisch und damit unvorhersehbar einordne.

Im Umkehrschluss muss die Frage erlaubt sein, warum ES in dieser unglaublichen Weitsicht nicht anders das Geschehen hätte beeinflussen können? Letztlich spielt das aber alles keine Rolle. Entscheidend ist, wie sich die Autoren eine plausible und zugleich spannende Handlung vorstellen, die von den Elementen getragen wird, die das Perryversum in den letzten 59 Jahren groß gemacht haben. Und wenn dies, wie in diesem Roman geschehen, darauf hinausläuft, dass solche Elemente so jongliert werden, dass am Ende eine solche unwahrscheinliche Punktlandung im Solsystem herauskommt, dann ist das zunächst einmal so.

Ich springe mal 2400 Romane zurück. Als vor langer Zeit, unmittelbar vor dem Band 700 schon einmal Terra und Luna geflüchtet sind, war das für mich als Leser eine aufregende Zeit. Das Solare Imperium zerbrach und eine andere Ära begann. Rückblickend war aber auch entscheidend, dass damals die Menschheit und stellvertretend für die Menschheit die Helden der Serie das Wagnis eingingen, die Erde mit einem Sonnentransmitter vor den Laren in Sicherheit zu bringen. Entscheidend war auch, dass es mit eigenen Mitteln in die Wege geleitet wurde. Und es ging einiges schief damals. Warum ziehe ich den Vergleich? Nun, in dieser Geschichte, die ich hier jetzt in den 30xx-Romanen lese, läuft eine ähnliche Handlung, nur mit anderen Vorzeichen. Erde und Mond werden aus dem sicheren Refugium zurück an den Brennpunkt des Geschehens gebracht. Eigentlich eine aufregende Konstellation. Aber dennoch ganz anders von den Autoren geschrieben. Denn die Helden sind nur Zuschauer. Nebenbei bemerkt, waren sie auch schon Zuschauer bei der „Flucht“ der Erde zum Beginn des Zyklus. Die Unterschiede zwischen den Romanen 69x und den 30xx sind riesig. Heute werden die Figuren nur noch benutzt, um Sensationen zu beschreiben. Eine Mutantin mit wechselnden Fähigkeiten ist noch greifbar. Alles andere wird so laviert, dass es am Ende passt. Eine kosmische Späherin, die erkennt, wenn Galaxien aus ihrer Zeit gerissen werden. Schließlich „jongliert“ sie die transferierenden Planeten und Monde in ihre ursprüngliche Position. Und ES hat das alles mal wieder vorausgeahnt und entsprechende Vorkehrungen getroffen.

Ja, Punktlandung, Ja, Puzzleteile werden zusammengefügt. Ja, der Handlungsbogen ist vorhanden. Von Band 3000, mit der Platzierung des Mythos Erde, bis heute, der Rückkehr. Die Erde ist kein Mythos mehr. Spannung jedoch will da bei mir nicht aufkommen. Die Helden treffen sich in wohltemperierten Konferenzräumen auf geparkten Schiffen in illustrer Gesellschaft. Das gleiche Geschehen in dutzenden von Millionen Lichtjahren Entfernung. Dort zeigt man auch mal gerne mit Fingern auf einen verwaschenen Punkt in dutzenden von Millionen Lichtjahren Entfernung oder zoomt diesen über die SERUN-Optik heran. Auf Terra wird ein Erdbebenopfer gerettet und der Start einer Space-Jet mit Impulstriebwerken gerät zum Drama. Das hat mich nicht mitgenommen. Ich konnte nicht mitfiebern. Das kann auch nicht funktionieren, weil die Figuren vom eigentlichen Geschehen abgehängt sind. Also werde auch ich als Leser von der Handlung abgehängt. Nicht etwa, weil sie zu komplex ist. Es war leicht, der Geschichte zu folgen. Es werden viele Erklärungen gemacht, wiewohl gleichzeitig einiges auch krampfhaft mysteriös gehalten wird. Darüber wurden auch die Figuren vergessen, zu denen ich keine Bindung aufbauen konnte.

Dem großen Spannungsbogen um den Mythos Erde fehlt es letztendlich an Raffinesse. Das große Kunststück zu Beginn des Zyklus war es, diese geniale Idee, die Erde hat es nie gegeben, zu platzieren. Anschließend haben die Autoren die Türe zu diesem Spannungsbogen immer wieder einen Spalt weit geöffnet und uns interessante Auflösungen in Aussicht gestellt. Die Türe wurde dann immer wieder geschlossen und das Geschehen konnte lange geheimnisvoll gestaltet werden. Und nun das. Am Ende wird die ES-Karte gezogen. Clever war das nicht und pfiffig auch nicht. Die inneren Bilder, die sich im Laufe des Zyklus bei mir gebildet haben, sind zersprungen.


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