Ansichten zum Sternengruftzyklus

Fazit:

Zyklen der Perry Rhodan-Serie sind immer 100 Hefte lang. Immer? Nicht immer. Der 25-bändige Kurzzyklus um die Sternengruft stellt zwar nicht die einzige Ausnahme dar, ist aber dennoch selten. Vor 20 Jahren gab es innerhalb des Großzyklus Thoregon einen gleich langen Kurzzyklus um die Heliotischen Bollwerke. Ähnlich kurz war nur noch der Altmutantenzyklus aus den frühen 70er Jahren.

Die Unterteilung in Zyklen ist heutzutage eigentlich überflüssig. Die Exposé-Autoren schaffen eine große Geschichte, die über Jubiläumsbände (00-Bände) hinaus fortgesetzt wird. Dennoch sind die 00-Bände wichtig für das Marketing. Sie schaffen Raum für Werbung und markieren Einstiegspunkte für Neuleser und Zurückkehrer.

Der Sternengruftzyklus begann hingegen mit der schönen Nummer 2875 und führte den Leser in die vereiste Galaxis Orpleyd. Die Verknüpfung zum Vorgängerzyklus war wie erwartet eng. Die Geschichte von Perry Rhodan, der sich in 2874 auf dem Höhepunkt des Konflikts mit den Tiuphoren opferte, wurde nahtlos fortgesetzt. Die Tiuphoren sind dem Ruf der Sammlung gefolgt und haben Perry Rhodan mit nach Orpleyd genommen. Der Terraner ist in dieser 131 Millionen Lichtjahre von der Milchstraße entfernten Galaxis der einsamste Mensch. So zumindest versprachen es die Werbetexte zum Zyklusauftakt. Die Handlung indes ignorierte die Werbung weitgehend. Der Held war in Begleitung, wenngleich keiner „Menschen“ und wurde auch schnell wieder in die Gesellschaft von Menschen zurückgeholt, denn eine Rettungsexpedition erreichte alsbald ebenfalls Orpleyd. Die Protagonisten mussten nicht allzu lange im Dunkeln herumstochern. Die Bildung einer Materiesenke stand bevor. Dies galt es zu verhindern.

Wie haben die Exposé-Autoren den zur Verfügung stehenden Rahmen von 25 Romanheften genutzt? Kennzeichen eines Zyklus von 100 Heften sind mehrere Handlungsebenen, von denen eine in der Milchstraße spielt und ein bis zwei weitere die Figuren an entfernte Orte führen. Für den Sternengruftzyklus wurde die Milchstraßenebene weggelassen. Es gab nur den exotischen Handlungsort. Als Ausgleich wurden dort zwei Ebenen gebildet. Die von Perry Rhodan und die der Rettungsexpedition, die beide dann zur Zyklusmitte nach 12 Heften zusammengeführt wurden. Damit unterschied sich der Kurzzyklus eigentlich nicht mehr von seinem größeren Pendant. Die gleichen Muster, nur etwas kleiner.

Kennzeichen eines 100er sind auch viele kleine Rätsel, die eingeführt werden, um sie als Handlungsfäden innerhalb der großen Handlungsebenen fortzuführen oder zu lösen. Manche dieser Handlungsfäden sind auch Zyklen übergreifend angelegt. Dem Leser wird ein Brocken hingeworfen, der ein geheimnisvolles Potential inne zu haben scheint. Nur die Fortsetzung lässt auf sich warten. Manche Rätsel werden erst nach Jahren wieder aufgegriffen. Auch hier verhält sich der Sternengruftzyklus nicht anders als seine großen Brüder. Nur die Zahl der Rätsel ist eben überschaubarer gestaltet worden.

25 Hefte wären gut geeignet gewesen, um mal zu experimentieren. Raum genug, um aus den bekannten Mustern auszubrechen. Und kurz genug, um die empfindlichen Leserseelen bei Nichtgefallen nicht allzu sehr zu verprellen. Denn der nahende 00-Band hätte sie wieder einfangen können.

Diese Chance wurde nicht genutzt. Auch inhaltlich gestaltete sich vieles nach den bekannten Mustern. Es wurden viele Figuren mitgeführt, die dann doch nicht adäquat eingesetzt wurden. Löblich ist, dass versucht wurde, den weitgehend anonymen Besatzungsmitgliedern der RAS TSCHUBAI zwischendurch mal ein Gesicht zu geben. Gleichwohl, es blieb ein Tropfen auf dem heißen Stein. Positiv zu bewerten ist auch, dass die Handlungen schneller ihre Ziele erreichten. Man kam schneller zum Punkt. Gleichwohl kam es mir stellenweise so vor, als würde ich zwischen den Zeilen die Botschaft lesen, die lautet: Wir können alles, bloß nicht schnell!

Hastig und nicht selten oberflächlich wurde die Handlung vorangetrieben. Nur selten entfalteten die Abenteuer der Figuren eine Spannung, die bei mir das Gefühl auslöste, das nächste Abenteuer kaum erwarten zu können. Die Einzelleistungen der Autoren sind kaum zu kritisieren. Sprache und Stil sind auf einem Niveau, das Perry Rhodan weit über andere Serien hinaushebt. Die Hauptstory, das eigentliche Zyklusthema, hatte dagegen Schwächen.

Wie erwähnt folgte die Sternengruft dem Zyklus um die Jenzeitigen Lande. Nimmt man das alte Zwiebelschalenmodell, das eigentlich in 2831 reformiert wurde, als Grundlage, dann wurden die Schalen Materiequelle/Materiesenke und Kosmokrat/Chaotarch mal eben übersprungen. Mit Thez und den Geschichten vom Ende der Zeit stieß die Serie in bislang unerreichte Sphären vor. Einen Gang, oder besser mehrere Gänge zurückzuschalten, war nun angesagt. Die Hohen Mächte sind wesentlicher Bestandteil des Perry Rhodan-Kosmos. Eine Handlung ohne sie, wird es nicht geben. Nun aber im Sternengruftzyklus die Bildung einer Materiesenke zum Inhalt zu machen, ist zwar in enger Auslegung des Kosmologiemodells ein Zurückschalten aber eigentlich nicht der von mir erhoffte Rückschritt.

Dennoch konnte ich auch dem Thema Materiesenke zunächst etwas abgewinnen. Schließlich sind diese Objekte einer kosmischen Evolution schon vor 40 Jahren (2000 Bänden) in der Serie beschrieben worden. Gleichwohl wissen wir nur wenig über sie. Nun am Ende des Zyklus angelangt, ist meine Ernüchterung groß. Die Serie tritt bei diesem Thema auf der Stelle. Keinerlei Zugewinn in 25 Heften. Stattdessen wird nur das Ausmaß der Katastrophe zum Thema gemacht, wenn sich eine SI zu einer Materiesenke entwickelt. 25 Hefte über das Sammeln von Bewusstseinen, als ginge es um Obst. 25 Hefte über Unterdrückung. 25 Hefte über Ausbeutung. 25 Hefte darüber, wer schlimmer ist. Gyanli oder Tiuphoren. 25 Hefte über Superlative, Milliarden oder Billionen von Toten. 25 Hefte über das Sterben.

Es gab mal eine Zeit in der Serie, da wurde ein dritter Weg proklamiert. Nicht das Infrage stellen der Hohen Mächte aber ein eigener Weg. Der Held der Serie entfernt sich immer mehr von diesem Weg, wird nur noch zum Erfüllungsgehilfen der jeweiligen Seite degradiert. Mal eben Bewusstseine sammeln und einkerkern für die positive Superintelligenz ES zu deren Rettung, heute Erfüllungsgehilfe bei KOSHS Transformation. Das Motto ist: Fressen oder gefressen werden. Die Mittel sind beliebig, die Zuordnung zu positiven oder negativen Mächten egal. Der Held ist ambivalent geworden. Das ist die Botschaft, die derzeit von der Serie ausgeht.

Diese Botschaft gefällt mir nicht.


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