Ansichten zu PR 2626

Suche im Sektor Null – von Michael Marcus Thurner – Handlung:
Mitte Oktober 1469 NGZ führt Ronald Tekener die JULES VERNE in die Nähe von Sektor Null. Um allen Beteiligten die Situation deutlich vor Augen zu führen und das Geschehen begreiflich zu machen, lässt er sich mit den wichtigsten Personen ausschleusen. Auch Sichu Dorksteiger gehört dazu. Die Ator ist, wie einige andere auch, von Tekeners Ausflug wenig angetan. Aber in der Einsamkeit des Raums geht der Schachzug des Smilers auf. Die Gruppe hat nun verinnerlicht, warum es geht und was von ihnen erwartet wird. Zurück an Bord werden erste Pläne geschmiedet. Es geht darum alle verfügbaren Daten zu sammeln und auszuwerten. Während die Flotte zu Messflügen eingeteilt wird, werden die automatischen Messdaten von Ortungsstationen rund um Sektor Null angezapft. Aufsehen erregt das Ortungsecho eines unbekannten Schiffswracks, das im Super-Tryortan-Schlund im Antares-Riff auftauchte und später wieder verschwand. Das Schiff war ca. dreitausend Meter lang und hatte die Form eines Nagels.
Etwa 6 Wochen zuvor ist das Forschungsschiff GEMMA FRISIUS im Randgebiet des Ordhogan-Nebels unterwegs. Das Schiff steht unter dem Kommando von Major Mohanram Tivelani. Als sein Stellvertreter fungiert der Nexialist David Campese. Ohne dass es die Besatzung bemerkt, wird das Schiff von einem unbekannten Gegner als potentielles Opfer betrachtet. Blütenblatt 37 entsendet Kleber 37, um das Opfer zu entern. Die GEMMA FRISIUS steht vorrübergehend unter der positronischen Überwachung des Kontra-Computers, als es von einem sechsdimensionalen Schauer getroffen wird. In der Folgezeit zeigt das System Ausfallerscheinungen. Auch sonst geschehen merkwürdige Dinge an Bord. Die Technik fällt aus und in verschiedenen Bereichen des Schiffs sterben Menschen, weil sich die Technik gegen sie richtet. David Campese macht einen öligen Stoff für die Vorkommnisse verantwortlich. Der unbekannte Firnis könnte aus Nanokörpern bestehen und scheint mehr und mehr Systeme zu befallen. In der Nähe des Schiffs taucht ein filigranes, blattartiges Gespinst auf, das nach der GEMMA FRISIUS greift. Der Versuch des Nexialisten, die biologische Plasmakomponente des Bordrechners zu isolieren, scheitert. Der Gegner, der keinerlei Skrupel oder ethische Bedenken hat, nimmt Besatzungsmitglieder als Geisel und zwingt die Überlebenden zum Rückzug in die Zentrale des Schiffs.
An Bord der JULES VERNE ist man mittlerweile seit Wochen keinen Schritt vorrangekommen. Es ist November 1469 NGZ. Sichu Dorksteiger hat es sich in den Kopf gesetzt, den Weißen Saal aufzusuchen. Sie bringt Ronald Tekener dazu, ihr diesen Wunsch zu erfüllen. Gemeinsam betreten sie den von den Metaläufern veränderten Raum. Für Ronald Tekener ergibt sich ein Blick in ein in jeder Hinsicht fremdes Universum. Zugleich erfährt er einen Einblick in sein Seelenleben. Die Reinheit des Raums bewirkt, dass er sich schämt. Alle seine Charakterzüge sind lediglich eine Maske. Mit Mühe kann der Unsterbliche sich dem Raum entziehen und sich und die Ator in Sicherheit bringen.
Eine Sonde, die von der VERNE aufgebracht wird, enthält eine Botschaft für Tekener. Der Unsterbliche macht sich auf dem Weg, den geheimnisvollen Absender der Nachricht aufzusuchen. In der Nähe von Barnards Stern trifft er in einer Geheimstation, die als Backup-System für Nathan eingerichtet wurde, auf den ehemaligen Chef des TLD. Noviel Residor hatte 3 Jahre zuvor seinen Tod vorgetäuscht. Nun überlässt er Tekener wertvolle Informationen aus den letzten Stunden des Sol-Systems. Zurück an Bord des Hantelraumers werden die Daten ausgewertet. Die Auguren und ihre Aktivitäten rücken ins Blickfeld der Wissenschaftler. Die vier Strukturpiloten aus der Charon-Wolke wollen es wagen, die VERNE in den Grenzbereich von Sektor Null zu fliegen. Doch sie scheitern. Von der Flotte kommt eine Nachricht. Eine der 48 verschollenen Raumschiffe im Ordhogan-Nebel ist entdeckt worden. Die ATLAS-Forschungseinheit mit dem Namen GEMMA FRISIUS ist nur noch ein Wrack. Tekener will das Schiff untersuchen.

Rezension:
Der Einstieg in die Geschichte war interessant geschrieben. Michael Marcus Thurner lässt seine Figur Tekener ungewöhnlich agieren. Die Darstellung Tekeners in der Ich-Perspektive ist dem Autor ebenfalls gut gelungen. Anschließend verflachte die Erzählung etwas. Obwohl der Autor den Handlungsort wechselte blieb zunächst der psychologische Kleinkrieg das bestimmende Element an beiden Orten. Auf der einen Handlungsebene zwischen Tekener und Dorksteiger war das amüsant, in der anderen Ebene zwischen Kommandant und Ortungschefin eher Nerv tötend. Nachdem in den beiden vergangenen Wochen neben viel politischem Getöns nichts Verwertbares zur Suche nach dem Sol-System zusammengetragen wurde, hätte der Roman etwas flotter zum Kern des Titels kommen können. Stattdessen verpackt der Autor Altbekanntes in seinen Roman. Auf Seite 18 lässt er schließlich Tekener bemerken, dass Sichu Dorksteiger in ihrem Vortrag allgemein gültiges Wissen vorbringt und die Gefahr besteht, die Zuhörer damit zu langweilen. Diese Gefahr bestand zu diesem Zeitpunkt auch für die Leser von Thurners Roman. Der Autor hat 18 Seiten lang beim Leser vorhandenes Wissen niedergeschrieben und damit zumindest meine Geduld auf eine harte Probe gestellt.
Etwas besser wurde es dann mit der Handlung an Bord der GEMMA FRISIUS. Die merkwürdigen Vorfälle und die eingestreuten Sichten des unbekannten Angreifers vermittelten Spannung und machten neugierig auf die Fortsetzung. Die Handlung an Bord der JULES VERNE blieb hingegen blass. Außer Daten sammeln ist nichts passiert. Der Ausflug Tekeners zum ehemaligen TLD-Chef war ein vergeblicher Versuch Spannung zu erzeugen.
Positiv anrechnen möchte ich dem Autor, dass er versucht, seinem unsterblichen Protagonisten auch als eine Person mit immenser Erfahrung darzustellen. Manch einer seiner Autorenkollegen hat vor dieser Problematik schon vor Jahren kapituliert. Tekeners Darstellung war allerdings nicht immer schlüssig. Zuweilen kollidierten Thurners Beschreibungen des Unsterblichen mit der zweiten Absicht des Autors, nämlich der Figur Tekener einen gleichwertigen Part gegenüberzustellen. Diesen Part nahm Sichu Dorksteiger ein. Und diese Gegenüberstellung von mehrtausendjähriger Erfahrung mit Ich-will-auf-gleicher-Augenhöhe-kommunizieren-40-Jahre-Girlie passte nicht immer. Die Bloßlegung von Tekeners Gefühlswelt im weißen Saal und die Erkenntnis, dass der Smiler seine wahren Gefühle hinter einer Maske verbirgt, gerieten dem Autor besser. Dieser Eindruck von der Figur gefiel mir.
Michael Marcus Thurner, der sich auf Cons schon des Öfteren despektierlich über Technikeinsätze in PR-Romanen äußerte, liefert eine erstaunlich technisch-harmonische Geschichte. Größere „Fehler“ sind mir jetzt nicht aufgefallen. Nicht unerwähnt bleiben sollte ein Satz von Seite 35. Dort gehen die Wissenschaftler der VERNE mal wieder den hyperphysikalischen Phänomenen auf dem Grund, indem sie „Grundlagenforschung“ betreiben. Ein bisschen mehr als Grundlagenforschung erhoffte ich mir allerdings schon von diesem Roman und von einer SF-Serie, die in 50 Jahren Realzeit und Jahrtausenden in der Serienzeit mit genau eben diesen Phänomenen Woche für Woche aufwartet. Da sind die oberflächlichen Bemühungen vom Thurners Akteuren, die Daten sammeln und auswerten, die Ideen entwickeln (welche eigentlich?) und an den Grundfesten der Wissenschaft (welche?) rütteln ein bisschen zu wenig.
Fazit: Die Darstellung Tekeners konnte in weiten Teilen überzeugen. Der Versuch mit dem Gegenpart Dorksteiger war weniger gut. Die Geschehnisse an Bord der GEMMA FRISIUS waren geheimnisvoll und machen neugierig auf die Fortsetzung.

 


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