Ansichten zu Perry Rhodan Heft 3050

Solsystem – von Christian Montillon

Den Flug der TESS QUMISHA durch die Zerozone in den anderen Raum macht auch der vergleichende Historiker Tergén mit. Er, der sich für die Geschichte Terras interessiert, hält seine Beobachtungen in Form von Briefen an seinen Bruder fest. Als die TESS QUMISHA wieder orten kann, macht die Besatzung eine erstaunliche Beobachtung. Sie sind im Solsystem. Allerdings in einem, das sich in Details vom gewohnten Heimatsystem unterscheidet. Es hat 11 Planeten. Pluto, Zeus und Medusa ziehen in diesem System ihre Bahnen. Der Pluto erscheint seltsam in der Ortung. Der Mars unterscheidet sich erheblich vom Mars, den Perry Rhodan kennt. Aber viel wichtiger ist, dass Terra und Luna entdeckt werden. Die TESS QUMISHA hat eine Position zwischen Neptun und seinen Trabanten Triton eingenommen, als es passiert. Alle Systeme fallen nach und nach aus. Explosionen erschüttern den Kugelraumer. Steuerlos treibt das Schiff auf Triton zu. Der katastrophale Technikausfall ist auf eine extrem erhöhte Hyperimpedanz in dieser kosmischen Region zurückzuführen. Da erhält die TESS QUMISHA unerwartet Hilfe.

Rückblende zu Homer G. Adams in den Tagen vor und nach dem Raptus Terrae. Der Zellaktivatorträger erlebt die hyperphysikalischen Phänomene hautnah mit. Als Terra und Luna im fremden Raum ankommen, kommt es zum Ausfall aller höherstehenden Technik. Auch NATHAN meldet sich nicht mehr. In den Tagen des Chaos macht der Unsterbliche die Bekanntschaft von Amalia Serran. Die Terranerin wird ihm eine gute Freundin und zusammen erleben sie den Neubeginn der Terraner in einem fremden Kosmos. Am Anfang sind die Informationsgewinne spärlich. Aber nach und nach wird das Universum, in das es Terra und Luna verschlagen hat, nicht als Paralleluniversum sondern als Zwilling des eigenen Universums wahrgenommen. Beide sind gemeinsam aus dem Urknall entstanden und durch die Zerozone miteinander verbunden. Der Zwilling ist der andere Teil des Dyoversums.

Die Menschen arrangieren sich mit den kosmischen Bedingungen. Fernflüge über mehrere Lichtjahre werden zu einer technischen Herausforderung. Und es scheint kein anderes Leben im Umkreis Terras zu geben. 60 Jahre nach der Versetzung macht Adams eine beunruhigende Beobachtung. Sein Zellaktivator stellt die Arbeit ein. Auch dieses Gerät ist von der hier herrschenden Hyperimpedanz betroffen. Der Unsterbliche muss sich samt Gerät in Suspension begeben. Dort regeneriert sich der Chip nach einigen Wochen und Adams kann wieder Jahrzehnte am Leben teilnehmen. Ein Thesanit erscheint auf der Erde und macht eine Prophezeiung. Und die Menschen des Dyoversums machen die Bekanntschaft von Außerirdischen. Dieser Kontakt birgt Konflikte. Auch Perry Rhodan muss erkennen, dass sich die Menschen mit dem Leben hier arrangiert haben. Nicht alle sind begeistert von seinem Auftauchen und sein Erscheinen löst ebenfalls Kontroversen aus.

Rezension  

Christian Montillon startet mit diesem Roman in die zweite Zyklushälfte und zugleich in den so genannten Zerozone-Vierteiler. Der übrigens gar nicht in der Zerozone spielt, sondern „dahinter.“ Der Exposé-Autor wird alle vier Romane schreiben und liefert zu Beginn eine vollgepackte Story ab.

Perry Rhodan findet die Erde, die vor 500 Jahren verschwand. Wir erfahren, wie es den Menschen im Dyoversum in den ersten Tagen und Jahren so ergangen ist. Der Autor liefert Fakten, die nach 50 Heften „Mythos Erde“ unerlässlich sind. Und platziert Schilderungen, die den Reiz des Unbekannten gut eingefangen haben. Die Story ist zweigeteilt. Die Geschehnisse an Bord der TESS QUMISHA werden aus der Perspektive Perry Rhodans geschildert. Die Handlung der Vergangenheit aus der Sicht von Homer G. Adams. In dessen Perspektive, die nicht chronologisch erzählt wird, mischt der Autor Traumsequenzen des Unsterblichen. Den Prolog der Story gestaltet Montillon mit den Briefen eines Historikers, der den Flug der TESS QUMISHA begleitet. Im Epilog wiederum tritt die schon bekannte fiktive Figur Hoschpian auf, genauer gesagt, wird ein Blick in dessen unautorisierte Chronik geworfen.

Jedes einzelne Element dieses Romanaufbaus an sich fand ich interessant. Im Zusammenspiel der Komponenten zeigt sich die Story jedoch nicht homogen. Weniger wäre mehr gewesen. Vieles bleibt zu kurz, nicht richtig auserzählt. Es könnte natürlich sein, dass der Vierteiler eher zusammen gelesen werden sollte und dann eine andere Wirkung entfaltet. Aber das Wesen einer Serie, die wöchentlich mit einem Roman erscheint und eine große Geschichte schreibt, bedingt eher einen anderen Aufbau.

Der Einstieg indes hat mir am meisten zugesagt. Der Historiker Tergén schreibt seinem Bruder handschriftliche Briefe. Diese Form, in der Ich-Perspektive seine Erlebnisse zu schildern, fand ich schon immer besonders reizvoll. Die Ereignisse wirken persönlicher und authentischer. Als würde man einen Blick in eine echte Korrespondenz werfen. Natürlich weiß ich um die Fiktion dieses Briefeschreibers. Dennoch wird bei mir der Eindruck erweckt, es mit „realen“ Briefen zu tun zu haben. Diese Form der Erzählung bildet zugleich einen starken Kontrast zu den anderen Beschreibungen und Handlungen des Romans. Denn der Briefeschreiber vermittelt eine ganz andere Atmosphäre.

Die Figur des Tergén kommt anschließend etwas zu kurz. Allerdings wird er am Ende von Rhodan als Begleiter ausgewählt. Von daher werden wir noch von ihm hören oder lesen. Die persönliche Sicht von Homer G. Adams hat mir ebenfalls zugesagt, wenngleich sie ein paar unnötige Längen hatte. Ähnlich wie beim Briefeschreiber wirft der Autor auch darin einen etwas tieferen Blick in die Psyche seiner Figur.

Ansonsten wartet der Roman natürlich mit starken Motiven auf. Wieder einmal brechen die Helden ins Unbekannte auf. Und das gleich auf zwei verschiedenen Erzählebenen und mit unterschiedlichen Voraussetzungen. Und es beinhaltet auch die Rückkehr in die Heimat, die nun allerdings Bestandteil eines fremden Ortes ist. Einige Handlungsverläufe hat der Autor der Dramaturgie untergeordnet. Und wie so häufig denken und handeln die Figuren in bestimmten Situationen oder wenn sie Informationen erhalten, nicht unbedingt zielgerichtet. Die Veränderungen der menschlichen Gesellschaft, soweit sie sich aus diesem Roman überblicken lassen, sind moderat ausgefallen. Sektierer und ominöse Prophezeiungen bestimmen zunächst das Bild. Wieder einmal wird die Ankunft des Unsterblichen vorausgesagt und tritt dann wie vorhergesagt ein. Das wirft erneut Zweifel daran auf, inwieweit die Figuren ihr Schicksal selbst zu bestimmen vermögen. In den vorangegangenen Zyklen hatten die Helden nicht immer tatsächlich eine Wahl. Es sind andere, die die Fäden ziehen und die Helden reagieren nur, statt zu agieren. Eine Zyklusgeschichte, die mal etwas anderes erzählen könnte, ist nicht in Sicht.

In einem Nebensatz zum Mondgehirn NATHAN wirft Christian Montillon den Begriff der Ylanten ein. YLA war ein besonderer Avatar des Mondgehirns. In meiner Rezension zu Heft 3020 hatte ich das Erscheinen von YLA schon merkwürdig gefunden. Indem der Exposé-Autor nun Ylanten erwähnt, wird es vielleicht eine „Erklärung“ zu den Unstimmigkeiten zu dieser Figur geben.

Wenig anfreunden kann ich mich mit dem Ort, an den es die Erde verschlagen hat. Das fiktive Modell des Perryversums ist eh schon recht komplex. Andere Universen, Paralleluniversen, andere Dimensionen, Pararealitäten, andere Wirklichkeitsebenen, geteilte oder gescherte Universen und nun Zwillingsuniversen. Wie die Figuren in Montillons Geschichte auch, hielt ich die Ähnlichkeiten, die nach Jahrmilliarden der Entwicklung in beiden Universen zu Tage treten spontan für unglaubwürdig. Der Autor schiebt zugleich eine Erklärung nach, die das auflöst. Zumindest im Ansatz. Die Entwicklung der Universen erbrachte Unterschiede. Dennoch scheint ein Fluss auf höherdimensionaler Ebene dafür zu sorgen, dass Materieentwicklungen auf beiden Seiten beeinflusst werden.

Es wäre schon erschreckend, selbst für das Perryversum, das reich an Superlativen ist, wenn sich dahinter gar ein „Plan“ abzeichnen würde. Der Roman war gut, aber nicht herausragend.


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