Brennpunkt Neu-Atlantis – Leo Lukas
Die HALUTA VII ist auf dem Rückweg nach Terra. Cameron Rioz bleiben nach der Zelldusche 96 Stunden, um die aufgenommene zerstörerische Vitalenergie wieder loszuwerden. Mit an Bord ist Celina Bogarde. Sie hat einen Deal ausgehandelt. Nach Löschung der Anomalien soll sie die Schattenhand erhalten. Bevor die Erde erreicht wird, lässt sich die ehemalige Sicherheitschefin von Wylon Hypertech auf Orcus, einem Plutino im Kuipergürtel, absetzen. TLD-Agenten observieren sie. Tolot nimmt Kurs auf Neu-Atlantis. Dort hat Dhorita Efforlit, die Koordinatorin der Sicherungsarbeiten um das Brennende Nichts, das Sagen. Der Haluter stimmt sie auf das kommende Geschehen ein. Insbesondere muss dafür gesorgt werden, dass Materie und Wasser in den freiwerdenden Raum eingebracht werden, wenn Cameron die Anomalie, die inzwischen 30 km Durchmesser hat, zum Erlöschen bringt. Eine Naturkatastrophe soll so verhindert werden.
Kaum hat die HALUTA über Neu-Atlantis Stellung bezogen, kommt eine Alarmmeldung herein. Ein Polizist hat einen nackten Mann vor dem Brennenden Nichts entdeckt. Icho Tolot nimmt sich der Sache an. Es ist Perry Rhodan, der aus der Agolei zurückgekehrt ist. Der Unsterbliche kämpft mit Erinnerungslücken. Zwei Monate hat er im Brennenden Nichts verbracht. In diesem Zeitraum hat er offensichtlich Kontakt zu NATHAN gehabt. Tolot bringt seinen Freund zu einem Spezialistenteam, das er zwischenzeitlich zusammengestellt hat, um ggf. Reginald Bull vor Ort unterstützen zu können. Ein Schattenhandträger hätte sie durch das Brennende Nichts führen können. Sie, das sind der Haluter Kro Ganren, die Oxtornerin Luran Hawk-Ondroski und ihr Ehemann, Lemu Hawk-Ondroski, die Swoon Stetjukäar und Tipzidulerin Torak, genannt Tipper, vom Volk der Gaelarcks. Sie bilden G.H.O.S.T., eine Spezialeinheit, deren Name sich aus den Anfangsbuchstaben der Namen herleitet. Die Spezialisten entdecken in Rhodans Ohr einen winzigen Zellklumpen. Er stammt von NATHAN.
Celina Bogarde muss inzwischen einen Rückschlag einstecken. Sie hat ihre Verfolger abhängen können, doch das Arsenal, in dem sie sich mit hochwertiger Technik der Legaten hat eindecken wollen, ist geplündert worden. Die Killerin weiß auch von wem. Die Legaten hatten ihr mitgeteilt, dass sie einen zweiten Agenten in der Milchstraße rekrutiert hatten. Mölger Ubundu ist quasi ein Backup, sollte sie ausfallen. Sie macht sich auf die Suche nach dem Mann. Über einen Trox, der mit Informationen handelt, kommt sie auf Ubundus Spur. Sie kann den Agenten stellen und sich die Technik holen, die sie für ihren Einsatz benötigt.
Auf Terra spitzt sich die Lage zu. In den Medien schaukelt sich überraschend eine regierungsfeindliche Stimmung hoch. Verschwörungstheoretiker machen Stimmung und erhalten viel Zulauf. Die Überwachungsinstrumente des Rechnerverbundes, der NATHAN ersetzt, wurden manipuliert. Von Luna kommend dringt ein kleines Schiff nach Terra vor. Tolot und Rhodan fangen es ab. An Bord ist der Ylant Sloreg. Er hat das Zellplasma registriert und will Zugang. Einstweilen können die beiden Unsterblichen Sloreg zum Stillhalten bewegen.
Bevor Tolot und Rhodan mit Cameron den Versuch starten, das Brennende Nichts zu löschen, verschaffen sie sich von Wylon Hypertech die Verfügungsgewalt für die LFG auf das Physiotron. Nun muss Cameron ran. Begleitet von zahlreichen Störungen beginnt der junge Trividder mit der Löschung des ontologischen Hypervakuums auf Neu-Atlantis. Während die Anomalie schrumpft, wird Wassereis, das von Asteroiden stammt, in den freiwerdenden Raum eingelassen. Auch Celina Bogarde erscheint wie aus dem Nichts. Die aufgenommene Vitalenergie scheint jedoch nicht zu reichen. Rhodan greift ein, auch auf die Gefahr hin, dass sein Zellaktivator ausbrennt. Es kommt zu einer fatalen Wechselwirkung. Rhodans Schattenhand löst sich und wird zerstört. Jasper Cole übernimmt die Schattenhand von Cameron und kann die Anomalie endgültig löschen. Celina Bogarde verschwindet ohne Schattenhand, die ihr Jasper Cole verweigert, der sich nicht an den Deal, den Cameron mit der Agentin hatte, gebunden fühlt.
Rezension
Leo Lukas ist es vergönnt, den PHOENIX-Zyklus mit einem Doppelband abzuschließen. Im Report, der dem Romanheft beigefügt ist, wird der Österreicher, der seit 25 Jahren für die Serie schreibt, interviewt. Dabei geht der Autor auch etwas auf den Doppelband und den von Ben Calvin Hary konzipierten Zyklus ein. So bescheinigt er Ben, dass der einen anderen, sehr eigenen Ansatz mitbringt. Der neue Exposé-Autor legt mehr Fokus auf Charakterentwicklung. Etwas, das Leo Lukas seit vielen Jahren eingefordert hat.
Ich sehe das auch so. Das frühere Gespann Montillon/Vandemaan hat durchaus gewusst, wo seine Figuren am Ende eines Zyklus zu stehen haben. Allerdings sind im Verlauf eines Zyklus Charakterentwicklungen nichts selten nur sporadisch vorgekommen oder zum Ende hin sprunghaft, so dass man als Leser bei dieser Entwicklung nicht mitgenommen wurde. Und manche Figur fristete ein Schattendasein, weil sie schlicht vergessen wurde. Die Halbsätze, in denen Figuren im Schlussband eine unwürdige Erwähnung gefunden haben, sind mir noch in schlechter Erinnerung. Von daher gefällt mir die Figurenentwicklung unter Bens Ägide deutlich besser, auch wenn es bei Camerons Heldenreise die eine oder andere unnötige Ausuferung gegeben hat.
Leo Lukas geht dementsprechend auch ein wenig auf das Gespann Cam/Jasper ein. Sein Protagonist Rhodan bekommt von ihm die Rolle des Lesers zugewiesen, als er Icho Tolot fragt, worin denn der Sinn besteht, Jasper Cole mitzuschleppen und ihn in die kommenden, buchstäblich welterschütternden Ereignisse, einzubeziehen. Tolots Antwort fällt knapp aus. Jasper hat Cam, den Träger der Schattenhand, stabilisiert, so die Aussage des Haluters. Die Erklärung erkenne ich an. Angenehm wurde die Figur allerdings für mich erst, als die Autoren endlich das honigsüße Lächeln Jaspers wegließen!
In den Schlussbänden muss sich Leo Lukas zudem mit Widersprüchen oder logischen Inkonsistenzen der Zyklus-Geschichte auseinandersetzen. Plotholes nennt er diese Abschnitte, die dem Sinn und Ablauf der Handlung zuwiderlaufen. Als Leser kann ich über manche unglaubwürdige Handlung hinwegsehen. Manche Zuspitzung in diesem Roman fällt aber auch für mich in die Kategorie Unglaubwürdig. Beispielsweise die sich binnen Minuten/Stunden ausbreitenden Verschwörungstheorien. Gleichwohl ich Geschichten mag, die reales Zeitgeschehen aufgreift, hätte ich mir die Menschheit 3000 Jahre in der Zukunft doch etwas abgeklärter und beherrschter vorgestellt. Leo Lukas greift sich in typischer SF-Manier Bekanntes und transportiert es in die Zukunft. Ja, er hält uns einen Spiegel der Gesellschaft vor. Doch lesen will ich keine 1:1-Umsetzung der Dummheit der Menschen von heute.
Mit dem Ablauf beim Löschen der Anomalie baut Leo Lukas recht spät auch dramatische Ereignisse in seine Geschichte ein. Wobei ich nicht verstehe, woher die Vitalenergie kommt, der es Jasper Cole erlaubt, die Anomalie zu schließen. Ist er nun gealtert? Ein Plothole, das Leo Lukas nicht ganz umschifft, ist auch der Deal zwischen Cam und Cassandra. Wenn beide Anomalien gelöscht sind, so heißt es in Heft 3342, dann soll die Schattenhand an die Agentin gehen. Doch zunächst wird ja „nur“ das Brennende Nichts in Neu-Atlantis bekämpft. Cassandra hätte also die Schattenhand hier noch gar nicht verlangen können.
Nochmal zurück zur Charakterentwicklung. Einen Großteil seines Romans spendet der Autor Celina Bogarde. Die Figur wird noch benötigt, von daher fällt die „Entwicklung“ in diesem Roman eher schwach aus. Zudem wurde die Figur etwas künstlich eingebremst. Um nicht Gefahr zu laufen, doch vom TLD verhaftet zu werden, braucht die Agentin technische Hilfsmittel. Die hat sich ihr Backup unter dem Nagel gerissen. Dies erlaubt es dem Autor, auf der Suche nach Mölger Ubundu einige skurrile Gestalten, wie den Trox, den Kampf-Posbi und die Báalol-Zwillinge einzubauen. Aber das Konstrukt beim Zyklus-Höhepunkt noch einen weiteren Antagonisten aus dem Hut zu zaubern, hat mich nicht so überzeugt. Und für das Identifizieren des Zellklumpens in Rhodans Gehörgang braucht es nur eine Krankenschwester und kein 5-köpfiges Spezialteam. Klar, die werden wohl auch noch eine Rolle spielen. Aber sie wirken in dieser Geschichte deplatziert.
Insgesamt betrachtet fällt der dramatische Anteil in diesem Roman etwas schmal aus. Den eigentlichen dramaturgischen Höhepunkt des Zyklus lesen wir wohl in 1 Woche!

