Ansichten zu Perry Rhodan Heft 3356

Die elektrische Kirche – Wim Vandemaan

Die Besatzung des PHOENIX ist auf der Suche nach dem Sternwürfel. Reginald Bull, Meg Ontares und Liam Barstow wollen Gucky finden, der sich in diesem Kubus aus Sternen aufhielt, als Aelor damit die Flucht ergriff. Mit an Bord des PHOENIX ist auch Anzu Gotjian, die jedoch in Suspension liegt, bis ihr mit einer Zelldusche geholfen werden kann. Fünftes Besatzungsmitglied ist Sky. Die Bordintelligenz ist aus Phoenix hervorgegangen. Von Anfang an hatte das Problem bestanden, wie man die Spur Aelors aufnehmen sollte. Die Transition des Sternwürfels hatte keine Spuren hinterlassen. In den Archiven der Wyconder hat Terrybor jedoch die Information gefunden, dass die Wyconder beim Bau des Sternwürfels Hilfe hatten. Von diesem stellaren Architekten, von dieser Legende, weiß man jedoch nur wenig. Aber wer den Sternwürfel sucht, könnte womöglich von dieser Legende Informationen erhalten. Ein Koordinatensatz soll zu einer Welt führen, die der unbekannte Baumeister einem Volk namens Lannat’han oder Lan’natta spendiert hatte.

Im November 2255 NGZ erreicht der PHOENIX die Zielkoordinaten. Eine eineinhalb Lichtwochen durchmessende Sphäre mit Trillionen kleiner technoider Objekte breitet sich vor dem Schiff aus. Die Technowolke reagiert nicht auf die Ankunft des Schiffes. Im Zentrum der Wolke wird ein erdgroßes Objekt geortet, das von einer künstlichen Sonne umkreist wird. Der PHOENIX fliegt das Objekt an. Während Liam Barstow und Sky die technoiden Objekte untersuchen und dazu einige an Bord nehmen, erkunden Reginald Bull und Meg Ontares die künstliche Welt.

Die Entnahme zweier technoider Objekte hat eine energetische Entladung ausgelöst. Offensichtlich reagiert die Wolke. Mehr passiert allerdings nicht. Die beiden Objekte, eines von wenigen Zentimetern Größe, dass andere etwa einen Meter durchmessend, sind tausend, bzw. zehntausend Jahre alt. Weitere untersuchte Objekte liegen zwischen 350 und 500.000 Jahren. Die Technoiden sondern Staubpartikel ab. Und scheinen vor dem Schiff zurückzuweichen, als man den Planeten anfliegt. Die Funktion der Objekte kann nicht ermittelt werden. Aber die energetischen Entladungen können als Zeichen einer Sprache identifiziert werden. Die Wolke fragt, was die Eindringlinge wollen.

Ontares und Bull entdecken auf der erdähnlichen Welt eine primitive Zivilisation. Die Lanathan sind humanoid, etwa zwei Meter groß mit sehr großen Augen und je zwei Händen an den Armen. Sie nennen ihren Planeten die Weite Welt. Kutschen und Schienengefährte sind in Gebrauch, ebenso Wind- und Wassermühlen. Nach einer ersten Erkundung im Schutz der Deflektoren kehren beide auf den PHOENIX zurück, machen Maske und betreten den Planeten erneut, um sich unter die Einheimischen zu mischen und Information zu sammeln. Unter den Lanathan gibt es eine zahlenmäßig geringe, elitäre Kaste, die Ghuspoden dra Noxx. In der Kultur der Lanathan gibt es etwas, das als real-elektrische Kirche bezeichnet wird. Es gibt zudem eine Scheu vor Elektrizität. Aus der Technowolke stürzt hin und wieder ein Maschinchen auf die Welt. Ihr Besitz wird als ein theoretisches Konstrukt der real-elektrischen Kirche von den Ghuspoden dra Noxx verdammt.

Bei ihren Nachforschungen geraten die beiden Terraner in ein Dämpfungsfeld, das ihre SERUNS ausfallen lässt. Bull gerät in die Gefangenschaft von Laupp Udun, einen Ghuspoden dra Noxx. Während Bull einem schmerzhaften Verhör unterzogen wird, macht sich Meg Ontares auf die Suche nach dem Zellaktivatorträger.

Rezension

Der Wechsel der Handlungsebene bringt zunächst Klarheit über die Figur Anzu Gotjian. Inzwischen sind 5 Jahre vergangen und sie hatte am Ende des letzten Zyklus nur noch eine Lebenserwartung von 1,5 Jahren. Auf den Gedanken, dass man sie in Suspension bringt, bin ich gar nicht gekommen. Dabei ist das nichts Neues. Der Zellaktivatorchip von Homer G. Adams versagte im zweiten Zweig des Dyoversums (Mythos-Zyklus) und er musste einige Zeit in Suspension verbringen.

Wim Vandemaan geht zunächst auch auf die Spurenlage ein. Die Transition des Sternwürfels hatte keine Spuren hinterlassen, schreibt er. Das stimmt nicht ganz. Wenn ich mich recht entsinne, bleibt bei einer Transition des Sternwürfels immer die Steuerwelt für die Transition zurück. An der Stelle scheiden sich aber wohl die Geister der Leser und des Autors. Der Autor hat das entweder vergessen oder er argumentiert, dass nicht in seine Geschichte aufgenommen zu haben, weil sich daraus nicht automatisch der Aufenthalt des Sternwürfels ergeben würde. Andererseits ist es so, dass die Steuerwelt definitiv eine Spur ist. Wenn die dann ins Leere führt, würde es am Fortgang der Story, wie sie der Autor schreibt, natürlich nichts ändern. Es wäre aber ein nachvollziehbares Figurenhandeln gewesen, zunächst die Steuerwelt nach Informationen abzusuchen.

Auf das Zusammenleben der kleinen Bordgemeinschaft geht der Autor nur wenig ein. Immerhin sind sie fünf Jahre unterwegs. Ein bisschen wenig „Bully“ und ein bisschen wenig „Meg“ sind in die Geschichte eingeflossen. Kurz erwähnt er, dass sich die YDUA mit Atlan und Sichu an Bord, 85 Tage zuvor, in der Nähe von NGC 5885 abgesetzt haben. Von dort waren es 89 Millionen Lichtjahre zur Milchstraße. Aus den wenigen Informationen lässt sich nicht entnehmen, wo die Technowolke in Bezug auf die Milchstraße oder zur Agolei liegt, noch, warum man so lange dorthin gebraucht hat.

In meiner obigen Zusammenfassung habe ich die Kapitel, die der Autor aus der Perspektive der Einheimischen schildert, ausgelassen. Die Nacherzählung würde der komplexen Kultur, die sich der Autor für die Lanathan ausgedacht hat, nicht gerecht werden. Ähnlich wie für Phoenix im Zyklus zuvor, schildert der Autor die (neue) Bordintelligenz zuweilen aus der Ich-Perspektive. Es ergeben sich dabei einige sehr schöne Beschreibungen, die die Neugierde von Sky zum Ausdruck bringen. Beispielsweise die Betrachtung seiner menschlichen Passagiere und der auf ihnen lebenden Mikroorganismen. Kosmischen Archen gleich, ermöglichen es die Menschen Myriaden dieser Organismen in das Weltall vorzustoßen. Das Verhältnis der Hohen Mächte zu ihren Hilfsvölkern lässt der Autor ebenfalls nicht aus und zieht einen schönen Vergleich vom Mitspracherecht der Menschen in Dingen kosmischer Größenordnung und dem etwaigen Mitspracherecht der Mikroorganismen auf ihren Körpern. Herrlich!

Wim Vandemaan verwendet häufig auch die direkte Ansprache an den Leser und zuweilen auch Apostrophe, um eine emotionale Verbindung zum Leser zu schaffen. Zusammen mit den hintergründigen Beschreibungen ergibt sich eine unterhaltsame Geschichte, die durch ihren sprachlichen Ideenreichtum beeindruckt. Der vandemaansche Schreibstil ist vielleicht nicht jedermanns Sache. Aber seine Geschichten ragen aus der Masse der Rhodan-Romane heraus. Die Herangehensweise, nämlich die Lanathan-Kultur zunächst von einem der ihrigen erleben zu lassen und sie dann Stück für Stück von Bull und Ontares aufzulösen, liefert für die eine oder andere absonderliche Beschreibung dann eine logische Auflösung.

Die Geschichte gefiel mir, konnte jedoch nicht ganz die Magie anderer Romane des Autors entwickeln.


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