Ansichten zum Perry Rhodan-Zyklus PHOENIX

Nach dem Zyklus ist vor dem Zyklus. Morgen erscheint Roman 3350, der den Auftakt zum PEGASOS-Zyklus bildet. Bevor der Fall Ragnarök startet, mache ich einen Rückblick. Ben Calvin Hary hat den PHOENIX-Zyklus gestaltet und ist als neuer Chefautor für die Geschicke der Perry Rhodan-Serie zuständig. Er führt die Arbeit seiner Vorgänger Wim Vandemaan und Christian Montillon fort, geht dabei aber neue Wege. So, oder so ähnlich, konnte man es seinerzeit auf den offiziellen Produktseiten der Serie lesen.

Neue Wege gehen hört sich ambitioniert an, wenn man bedenkt, dass die Serie seit 64 Jahren erscheint. Wurden hier vom neuen Exposé-Autor alte Zöpfe abgeschnitten? Hat er der Serie eine andere Bestimmung gegeben? Ich denke nicht. Der PHOENIX-Zyklus geht einerseits neue Wege, baut aber andererseits auf den bewährten Elementen auf, die den Kern der Serie seit Jahrzehnten ausmachen.

Deutlich anders als in den letzten Zyklen von seinen Vorgängern gehandhabt ist die straffere Erzählstruktur. Die Zyklusgeschichte wird durch die Exposés von Ben Calvin Hary stringenter gesteuert. Ab Roman 3300 aus der Feder von Ben Calvin Hary geht es Schlag auf Schlag voran. Der Zyklus zeigt eine höhere Kohärenz im Handlungsablauf. Auch dann, wenn die Handlung – und hier folgt der Chefautor bewährten Strukturen – zwei- oder mehrgleisig wird. Neben den Ereignissen auf Terra und Luna rückt die Agolei ins Blickfeld und verleiht dem Zyklus die bewährte Komplexität, die durch das Verschieben von Figuren noch erhöht wird. Die logischen Abfolgen im PHOENIX-Zyklus bleiben davon unberührt. Die Ereignisse bauen aufeinander auf und sind für den Leser nachvollziehbar, trotz mancher Überraschung.

Unverkennbar verbessert hat sich meiner Meinung nach, dass der Entwicklung der Charaktere deutlich mehr Raum eingeräumt wird. Die Handlungen der Figuren ergeben sich aus ihren Motivationen heraus und geben der Geschichte damit mehr Sinn. Bei Cameron wird ein wenig über das Ziel hinausgeschossen. Aber grundsätzlich sind die Figuren nachvollziehbar in ihrer Entwicklung gestaltet worden. Das Figurenensemble ist kleiner und die Autoren können fokussierter die Emotionen der Figuren gestalten, als jede Woche aus einem Riesenpott von Raumschiff jeweils neue Gesichter generieren zu müssen, die nach Einsatz meist sowieso vergessen sind. Die bewusste Neuaufstellung in der Entwicklung der Charaktere verfolgt sicherlich auch das Ziel, ein jüngeres Lesepublikum mit ansprechen zu wollen. Die Entwicklung der Charaktere ist umso wichtiger, weil über die Figuren ein struktureller Zusammenhang zur Geschichte hergestellt wird. In vorherigen Zyklen waren die Figuren häufig vom Geschehen abgehängt. Im PHOENIX-Zyklus ist das anders. Die Figuren sind dichter an den Geschehnissen, treiben sie im Idealfall voran und erzeugen damit eine klare Struktur, die der Geschichte Halt gibt. Geändert hat sich auch, dass Erkenntnisse, die von den Charakteren gewonnen werden, nicht krampfhaft mysteriös gehalten werden. Der Zyklus zeigt sich auch hier offener und klarer.

Daneben setzt der Chefautor aber auch auf die bewährten Kernelemente. Die Menschheit wird mit übermächtigen Feinden und Krisen konfrontiert. Solche Herausforderungen sind das Herzstück der Serie seit ihren Anfängen. Dennoch wird die kosmische Metahandlung erstaunlich klein gehalten. Ich gebe zu, die erste Großschreibung von Leun in LEUN ließ mich befürchten, dass höhere Mächte einmal mehr ihr Stelldichein geben werden. Es ist jedoch anders gekommen. Die Antagonistin strebt nicht im eigentlichen Sinne nach dem Status einer SI. Sondern eher nach dem Gleichklang, der sich aus dem Bewusstseinspool ergibt. Dass sie am Ende den Schritt zu SHRELL machen will, ändert nichts daran, dass der Zyklus nur geringe Berührungspunkte zu den Kosmischen Mächten hat. Das Wörtchen „Bodenständig“ will ich allerdings auch nicht in den Mund nehmen. 😉

Mein Fazit: Gelungener Einstand von Ben Calvin Hary. Und mein Lob geht natürlich auch an die Autoren, die die neuen Wege aus Überzeugung mitgegangen sind und mit Leben gefüllt haben.


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