Der 200-Tage-Mann – von Ben Calvin Hary
Die arkonidische Technologie, die Perry Rhodan zur Erde brachte, wirkt wie ein Magnet. Wie viele andere auch, zieht es Stephen Door nach Galacto City. Der junge Mann aus Burbank, Kalifornien, beschäftigt sich zu Beginn der Siebzigerjahre mit den ersten modernen Computern. Gegen die Positroniken sind diese Computersysteme jedoch so rückständig wie ein Faustkeil.
Stephen Door ist ein Nerd, ein Mensch, der sich mit anderen Menschen schwertut. In Galacto City hat er einen schweren Stand. Er ist sozial unbeholfen und seine Aufenthaltsgenehmigung nur vorläufig. Er erhält nur eine Praktikantenstelle und ist mit seiner Arbeit unglücklich. Doch dann beschert ihm der Zufall Zugang zu Hochtechnologie und der Computerfreak geht neue Wege. Diese allerdings lösen eine Katastrophe aus. Nur Crest, der alte Arkonide, scheint noch helfen zu können.
Rezension
Ben Calvin Hary hat für seine Geschichte die Perspektive des Ich-Erzählers gewählt. Die Figur des Stephen Door wird wie alle anderen Hauptfiguren dieser Kurzreihe von Galacto City angezogen. Eschbach versuchte in GC1 einen Kriminellen auf den Pfad der Tugend zu führen. In Kinkels GC2 stellen die Aufarbeitung von Lebenserfahrungen und der Wille der Protagonistin in ihrem Leben eine Änderung herbeizuführen, das Motiv. In GC3 werden Wendepunkte im Leben der Hauptfigur thematisiert. In GC4 ist es der Widerspruch von Pflichterfüllung und individueller Verantwortung.
Aber welches Thema nimmt sich Ben Calvin Hary an? Da ist ein Nerd, der große Träume hat. Seine soziale Unbeholfenheit bringt ihn in aussichtslose Situationen. Er findet aber jedes Mal eine Retterin oder einen Retter. Die Motive und Hintergründe der Figuren, die den Nerd aus der Patche helfen, bleiben unklar. Denn die Geschichte wird aus der Ich-Perspektive des Nerds erzählt. Der stellt Überlegungen zu den Menschen in seinem Umfeld an. Allerdings sind diese Gedankengänge wenig verlässlich und häufig eigenbrötlerisch. Anders ausgedrückt, man weiß es nicht, was die anderen Figuren antreibt. Bei aller Berücksichtigung von Verschrobenheit und Unbeholfenheit ist die Darstellung der Figur des Stephen Door nicht ohne Widerspruch. Die Geschichte ist ein bisschen eine Mischung aus dem Zauberlehrling, alá die Geister, die ich rief …, Big Bang Theory und ein klein wenig Asimov.
Was Asimov angeht, bin ich nicht sicher, ob der nicht das Hauptmotiv der Geschichte sein sollte, vielmehr der 200-Jahre-Mann. Aber eigentlich sind die Adaptionen aus Asimovs Kurzgeschichte, hier die Gestaltung des Titels und der Name Andrew nicht so richtig passend zu Harys Roman. Trotz des Roboters. Der Nerd hat andere Ziele. Welche das eigentlich sind, wird nicht herausgearbeitet. Sie bleiben ähnlich unklar, wie es die Unbeholfenheit seiner Aussage bei der Befragung in der Einwanderungsbehörde ausdrückt. Richtig schlau werde ich aus der Figur nicht. Fand ich sie anfänglich ganz interessant charakterisiert, entwickelt sie sich zwischenzeitlich zu einer unsympathischen und widersprüchlichen Figur. An Intelligenz scheint es der Figur nicht zu mangeln. Aber mit seiner Marotte, den Dummen herauszukehren, dürfte er im Positronik-Park eigentlich nicht lange bestehen. Es gibt Momente, in denen er seine „Fehler“ erkennt. Sie führen jedoch nicht zu einer Änderung seines Verhaltens. Die Figur macht keine Entwicklung.
Ein stark präsentes Motiv kann ich in der Geschichte nicht erkennen. Konflikte gibt es. Aber auch auf niedrigem Level. Die Figuren interagieren zu wenig, als dass die Konflikte mich als Leser packen könnten. Obwohl ich die Ich-Perspektive mag, ist sie für diesen Roman die falsche Wahl gewesen.